Joe Webb - Hamstrings & Hurricanes
J
Edition Records
Auf dem aktuellen Album sind der Waliser Joe Webb am Piano, Will Sach am Bass und Sam Jesson am Schlagzeug zu hören. Über den Pianisten lesen wir: „Joe Webb is a pianist of extraordinary talent, charisma, and vision. With his upcoming release Hamstrings & Hurricanes, Webb is set to launch an incredible career that will reverberate across international stages. This album, ..., showcases Webb’s remarkable ability to fuse traditional jazz mastery, including the demanding stride style, with a bold, contemporary flair.“
Im Kontext des Albums ist zudem zu lesen, dass mit ihm auch eine Hommage an Oscar Peterson und Fats Waller intendiert wurde. Zugleich aber finden sich auch Querverweise auf den Brit-Pop der 1990er Jahre. Insoweit ist auch Webbs nachfolgendes Statement zu begreifen: “For the final track ‘Hiraeth’ (‘homesick’ in Welsh), I wanted a more chilled version of Oasis’s Shakermaker. That era sparked my love of music, and I started to feel that same energy when I listened to Duke Ellington, Franz Liszt, and Art Tatum. It was an epiphany that propelled me on this path.”
Bereits beim Eröffnungsstück namens „Beth Yn Galw“ hört man die Referenzen heraus, nämlich Stride-Piano, durchaus in der Nähe von Ragtime. Dazu vernehmen wir Blechwirbel und einen behäbigen Bass. Derweil spielt Joe Webb mit viel Swing sein Tasteninstrument. Um ein Bild zu nutzen: Man sieht vor seinem geistigen Auge hopsende Kinder, die „Himmel und Hölle“ spielen. Doch auch intensive Klangstrudel - nicht zuletzt im Diskant - dringen ans Ohr des Zuhörers. Auch in „P.I.P.“ steht der Pianist im Fokus, lässt flinke Tastenfolgen hören, vor allem in der Mittellage. Prononciert ist das Spiel, dabei hier und da auch Klangkaskaden vernehmen lassend. Zugleich aber ist Webb auch ein Könner im „Perlenspiel“, wobei Klangperle an Klangperle aufgefädelt wird. Temporeich ist das Stück ohne Frage. Weiter geht es mit „100 years of Bill & Lil“, vom Charakter her eher an eine Ballade erinnernd. Man lausche sehr genau auf das feine „Pizzicato“ des Bassisten, über dessen Saitenspiel sich ein kristalliner Klangstrom ergießt. Zudem dringt Blech- und Fellgewische an unser Ohr. Übrigens auch der Drummer hat seine Momente, nämlich in „Some Jesson“ – ein Drumming-Solo ist ja auf Album-Einspielungen eher selten.
Außerdem hören wir auch den „Titelsong“ des Albums namens „Hamstrings & Hurricanes“: Nein, nicht Fats Waller sitzt am Klavier, sondern Joe Webb keine Frage, aber stilistisch unterscheidet sich der Stil von Webb kaum von dem, den Fats Waller pflegte. Irgendwie klingt das Stück auch nach Ballroom Dancing. Wer den Film „The Clou“ kennt, meint gar, er höre wie in diesem Film die vergessene Musik von Scott Joplin. So steht die Musik des Trios von Joe Webb mit beiden Beinen in der frühen Geschichte des Jazz.
Mit verhaltenem Tempo wartet „Newcastle Full Feel“ auf. Webb zelebriert dabei auf dem Piano sein Können, lässt uns an Musik aus den Saloons des Wilden Westens denken bzw. an das Klischee, das die us-amerikanische Filmindustrie transportierte. Zum Abschluss des Albums heißt es schließlich:
„Hiraeth“. Fazit: Mal Jazz jenseits von Ambient, Post-Bop und Jazz Rock, handgemacht, ursprünglich - ein Genuss.
© ferdinand dupuis-panther
www.editionrecords.com
Tracklisting
1. Beth Yn Galw 4.03
2. P.I.P 3.42
3. 28-50 1.25
4. 100 years of Bill & Lil 3.36
5. Some Jesson 1.06
6. Curve Ball 2.08
7. Breuddwyd Cariad 3.38
8. Hamstrings & Hurricanes 4.31
9. Waiting In Eb 1.32
10. Newcastle Full Feel 2.52
11. Somedays 0.38
12. Squeeze Me 2.12
13. Hiraeth 4.53