Joe Krieg 4tet: homegrounded
J
GLM, EC 571-2
Das Quartett um den Gitarristen Joe Krieg besteht aus dem Pianisten Marco Netzbandt, dem Bassisten Felix Himmler und dem Schlagzeuger Uli Kleideiter. Zudem sind als Gäste nachstehend genannte Musiker bei einigen der Songs mit dabei: Steffen Weber am Alt-, Tenor- und Baritonsaxofon, Dirk Rumig an Flöte und Klarinetten, Christoph Lewandowski am Flügelhorn, Heinz Dieter Sauerborn am Altsaxofon und an der Flöte sowie an der Trompete Klaus Wangorsch.
Hören wir mal zunächst einen O-Ton des Würzburger Gitarristen Joe Krieg: „Heimat entsteht durch die Ferne als Gegenpol. Wer die Fremde erfährt, stärkt dadurch das Heimatgefühl. Und diese Beziehung von Ferne und Heimat schafft in dem Ungeordneten der Fremde jenes Bewusstsein für die festigende und stärkende Struktur der Heimat, die Halt gibt. Das Titelstück dieser Platte entstand in einer solchen Phase, die mir gezeigt hat, wie sehr Heimat fähig ist, Kraft und Zuversicht und Hoffnung zu geben; jene Wochen in der elterlichen Umgebung haben mir zudem wieder ins Bewusstsein gerufen, wie wichtig unsere Wurzeln sind. Zwar berauben sie uns in Teilen unserer Freiheit, weil wir fest verbundener Teil dieser Familienpflanze sind, gleichzeitig geben uns diese Wurzeln jedoch den nötigen Halt, um sich als Mensch zu entwickeln und auch in schwierigen Zeiten zu bestehen.“ Darf man also geerdeten Jazz erwarten?
Aufgemacht wird mit dem Song „Capitain Odd“. Anschließend sollen wir mal den Himmel betrachten: „Regarde le Ciel“, ehe wir uns auf eine Sommerreise begeben - „Un été voyageur“, die uns nach Hause zurückführt: „homegrounded“. Spirituell-religiös mutet der Titel „Des Hommes et des Dieux“ an, ehe „Buzis Mood“ das Album abrundet.
Zunächst gehört beim Song „Captain Odd“ den beiden Saxofonisten Steffen Weber und Heinz Dieter Sauerborn das Feld, ehe dann Joe Krieg ins Geschehen eingreift und uns mit lieblichen Gitarrenriffs einfängt. Irgendwie strahlt der Song Leichtigkeit und Frühlingsaufbruch aus. Die Klänge driften dahin, in einem lauen Lüftchen. Teilweise gibt es Passagen, die an eine klassische Big Band erinnern. Vielfach sind die Zäsuren, die gesetzt werden, wenn u. a. Marco Netzbandt auf seinem Piano das Plätschern eines Baches zu imitieren scheint. Alles scheint im steten Fluss. Dabei wechseln sich eher lyrische mit eher dramatischen Passagen ab. Nie hat man den Eindruck, es ginge Joe Krieg darum, sich besonders in den Vordergrund zu spielen. Seine Solos fügen sich harmonisch ins Gesamtkonzept ein. Doch eine Frage bleibt: Wer ist eigentlich Captain Odd?
Cumuluswolken zaubern die Mannen um Joe Krieg an den Himmel, wenn wir musikalisch zu dessen Betrachtung aufgefordert werden: „Regarde le Ciel“. Eine laue Brise strahlen die Bläser aus, zu denen sich mit sanften Flötensequenzen auch Heinz Dieter Sauerborn gesellt. Nein, ein aufkommendes Gewitter mit Ambosswolken vermittelt uns das Joe Krieg 4tet nicht. Oh, da meldet sich ja auch das tief gestimmte Baritonsaxofon. Heißt das, die ersten Cirruswolken weisen auf Wetterwechsel hin? Diese Vorahnung hält nicht lange an, denn dann setzt ein Solo von Marco Netzband ein, der mit seinem virtuosen Spiel auch die letzten Wölkchen am Himmel beiseiteschiebt.
„Un été voyageur“ steht als nächstes auf dem Programm. Man könnte beim Zuhören auf den verwegenen Gedanken kommen, die Musik für einen Werbefilm zu hören, in dem Bacardi Rum und Karibikfeeling herausgestellt werden sollen. Happy Music dringt an unsere Ohren. Beschwingt und schwerelos scheint das Gefühl des „Sommerreisenden“. Ach ja, für die Untermalung einer Provence-Reise in einer Ente mit offenem Verdeck könnte man diese Song auch gut einsetzen, oder?
Getragen-lyrisch eröffnet der Song „homegrounded“. Beschaulichkeit assoziiert man schnell mit dem, was man hört. Das Hohelied auf die Heimat erscheint auch ein wenig sentimental und romantisch angelegt zu sein. Langsamkeit hat die Hektik des Alltags verdrängt: Man ist angekommen, man ist daheim – so der Eindruck, den die Harmonien und Melodieflüsse des Songs suggerieren.
Was vom Titel her sehr sakral-spirituell anmutet, nämlich „Des Hommes et des Dieux“, entpuppt sich als Song mit einer Messerspitze Latin Jazz Fever. Zum Schluss dann geht es um Buzis Stimmung („Buzis Mood“). Dass es sich dabei um den Schwager von Joe Krieg handelt, einen in Wien lebenden Musiker mit einer Vorliebe für Swing der 1920er Jahre, erfährt man nur, wenn man mal bei einem Konzert des Gitarristen wa. Buzi ist der eher ungewöhnliche Spitzname des Schwager, der sich dem Swing verbunden fühlt und ihn auch spielt, wenn auch der Jazz der Nach-Swing-Jahre es ihm auch angetan haben. In "Buzis Mood" zeigt Joe Krieg erneut seine Versiertheit auf dem Saiteninstrument. Zugleich überfällt uns beim Zuhören der Eindruck, dass er auch ein Faible für die klassische Setzung einer Big Band hat, man denke an Count Basie oder auch Duke Ellington. Zu all dem swingt der Schlusstitel auch noch ganz herrlich. Wer da keine gute Laune bekommt, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
GLM
http://www.glm.de
Musiker
Joe Krieg
http://www.joekrieg.de