Joachim Badenhorst/Peter Holvoet-Hanssen - De Wolkendragers
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Klein 10
Joachim Badenhorst hat für sein aktuelles Album elf Gedichte von Peter Holvoet-Hanssen vertont und noch zwei Instrumentalstücke hinzugefügt. Mit zwei Ausnahmen hat Peter Holvoet-Hanssen seine Lyrik selbst eingesprochen. Bei zwei Gedichten hört man jedoch die Singstimme von Badenhorst. Badenhorst trägt mit der Klarinette, der Bassklarinette, dem Klavier, dem Keyboard und mit elektronischen Effekten zur Klanggestaltung des Albums bei. Peter Holvoet-Hanssen (*1960), 2010-2012 Stadtschreiber von Antwerpen, hat für seine Poesie zahlreiche Preise gewonnen, unter anderem auch den Cultuurprijs van de Vlaamse Gemeenschap und Arkprijs van het Vrije Woord.
Vom „Wolkendrager“ ist in dem vorliegenden Album die Rede. Doch was muss man sich darunter vorstellen? Athleten, die die Wolkenbänke verschieben? Kräftige Atlanten, die die Cirruswolken am Himmel halten? Um das Wesentliche zu begreifen, muss man schon Flämisch sprechen. Ist da von der Mutter, die Rede, die verschlafen im Morgenmantel am Rand des Himmels auftaucht? Scheinbar, aber überaus verwirrend und beinahe auch surrealistisch. Zum gesprochenen Wort setzt Badenhorst vibrierende Keyboardklänge hinzu. Das klingt dann nach einem fließenden Rauschen. Elektronische Klänge, die nach einer singenden Säge klingen, sind weitere musikalische Additive, die Badenhorst hinzufügt und im Off ausklingen lässt. „Die Spinnen kommen nach drinnen“ … - das ist die Lyrik zu Beginn von „De spinnen“. Eine Instrumentierung gibt es bei diesem Stück nicht, sodass der Text allein und frei gestellt im Fokus steht.
Ein wenig verstimmt scheint das Klavier, das für den Hintergrundklang sorgt, während Joachim Badenhorst mit tragender Klarinettenstimme die „Wolkenroosje“ besingt und uns den Eindruck vermittelt, er würde als Empiriker Wolkenzüge dokumentieren. Wird da das Hohelied auf den Himmel gesungen? Und warum ist eins und eins einst, wie es der Autor der Gedichte uns suggeriert? Harte Beats dringen zu Beginn bei „Nachtlamp“ ans Ohr des Hörers, ehe dann Peter Holvoet-Hanssen seine Zeilen rezitiert. Dazu vernimmt man eine Art dumpfe Rückkuppelung und elektronische Klangfrequenzen. Wortfetzen wie gelb und braun sind wahrzunehmen. Vom Paradies ist die Rede und von Schmetterlingen. Nervöse Klangfrequenzen sind in die Rezitation eingestreut worden. Klangcollagen sind offensichtlich, ohne dass auf den ersten Blick die Kontextualität deutlich ist. Zwei Klarinettenlinien vereinen sich in „Carnaval duurt hier een eeuwigheid“. Zudem ist auch der Rezitierende zu hören. Geht es wirklich um Karneval?
Eher an Couplet muss man angesichts der Melodielinien bei „Hush little one“ denken. Zögerliche Klavierbegleitung trifft dabei auf Gesang, von dem man nicht genau sagen kann, ob Textbausteine oder Lautmalerei den Kern des Gesangs ausmachen. Zum Schluss besteigen wir kein U-Boot, sondern laufen unter den U-Boot-Wolken dahin: „Onder de duikbootwolken“, begleitet vom vollen Klarinettenwohlklang und der sonoren Stimme des Rezitators. Dieser erzählt von den Wolkenträgern und von dem Mädchen im Auto, das von Urlaub träumt. Vom Tod ist obendrein die Rede, der stets in Verbindung mit der Allgewalt des Meeres steht. Die Verquickung von Text und Musik ist ein Wagnis. Ist die Balance gewahrt? Was spiegelt sich in den Gedichten? DADA, Surrealismus oder Expressionismus in der Literatur. Das Album wirf vielfältige Fragen auf und lässt den Hörer eher ratlos zurück, oder?
© fdp
Informationen
https://joachimbadenhorst.bandcamp.com/album/de-wolkendragers
https://www.jazzhalo.be/interviews/joachim-badenhorst-interview-with-the-saxophonist-and-clarinettist-from-antwerp-belgium/
https://belgianjazz.be/portraits/joachim-badenhorst
joachimbadenhorst.com
http://www.joachimbadenhorst.com/KLEIN_label.html