Jeremy Rose - Face to Face
J
Earshift Music
Jeremy Rose ist nicht nur Saxofonist und Komponist, sondern auch Leiter des Earshift-Labels. Gemeinsam mit dem Pianisten Steve Barry, dem Bassisten Noel Mason und dem Drummer Alex Hirlian wurde das Album eingespielt. Nachstehend einige O-Töne des Bandleaders: “We live in an increasingly connected yet isolated world … Whilst we are always reachable, many have never felt more alone. The album is a consideration on the way we connect with each other and the importance of real-life connections. I felt like I needed to reinforce the fundamental part of what makes us human - face to face connections. It’s a musical journey that steers our spiritual compass towards connections with others and placing value in what’s important - connections we have with ourselves, each other and the wider world.”
Rose betont in weiteren Äußerungen, dass das Album keine Reaktion auf die Isolation durch die Pandemie ist, sondern aus dem aktuellen Moment heraus entstanden ist. Zugleich drückt sich in der Musik auch die Dankbarkeit darüber aus, miteinander in Verbindung zu stehen, sich von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und nicht etwa in einer virtuellen Wirklichkeit!
Der fast kristalline Klang des Klaviers trifft in „High Ground“ auf die Ausschweifungen des Saxofons, das gewiss die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sobald der Saxofonist seinen Holzbläser solistisch zur Geltung bringt. Mit seinem Instrument zeichnet er gleichsam die Höhenlinien von sanften, rollenden Hügeln nach. Hin und wieder werden auch Gipfelgrate erklommen. Unablässig arbeitet unterdessen der Drummer an seinen Trommeln. Auch beim Drummer überwiegen „rollende Beats“. Derweil ist der Pianist vor allem im Diskant unterwegs. Nach und nach klingt dann die Musik aus. Trommelwirbel und Blechschwirren bestimmen den Beginn von „Whispers“. Anschließend meint man, der Saxofonist würde mit säuselnder Stimmer daherkommen. Dabei ist die melodische Linie ein Ohrenschmaus. Alles scheint zu zerfließen und dabei durchaus Fahrt aufzunehmen. Flüstertöne, wie der Titel nahelegt, vernehmen wir allerdings nicht. Auch der Pianist verfängt sich in seinem Spiel eher zwischen quellendem Kehr- und Fließwasser. Hier und da scheint er auch tonale Stromschnellen zu meistern. Ist da nicht ein wenig Funk zu hören, wenn das Stück seinen Fortgang nimmt?
Punktierte Setzungen des Pianisten Steve Barry bestimmen anfänglich „Face to Face“. Doch dann übernimmt der Saxofonist Jeremy Rose das musikalische Zepter. Doch es ist auch Raum für die übrigen Musiker sich zu entfalten, so auch der Bassist Noel Mason, während sich Jeremy Rose für wenige Augenblicke etwas zurücknimmt. Doch dann sind rotierende Saxofon-Sequenzen zu erleben, scheinen wir bildlich in die Wasserwalze eines Wehr zu gelangen. Hier und da gibt es Salti des Holzbläsers zu erleben, aber auch ein sonores Schnurren. Derweil ist die Rhythmusgruppe damit beschäftigt, ein Gerüst zu schaffen, in dessen Radius sich der Saxofonist bewegt. Schließlich erleben wir obendrein ein Schlagzeugsolo, was auf Einspielungen eher selten ist. Das überlässt man dem Live-Auftritt ohne starke zeitliche Beschränkungen. Perlendes Piano-Spiel ist zudem im zweiten Teil des Stücks im Arrangement vorgesehen.
Unabhängig davon, dass KB ein Unbekannter/eine Unbekannte bleibt, nähren wir uns als Hörer „All about KB“ und genießen die Einleitung, die mit einem ausgereiften Bass-Solo besticht. Nur leicht werden die Becken vom Drummer angetippt, flirren nur wenig. Alt- oder Sopransaxofon fragt man sich, sobald Jeremy Rose mit feinen tonalen Ziselierungen überzeugt. In Begleitung des Saxofonisten erleben wir den Bassisten mit stoischem, wiederkehrendem Saitenzupfen. Gelegentlich scheint es, als stehe das Zerbrechliche im Fokus, folgt man den bewegten Verwischungen des Saxofonisten. Mit „Child“ beschließt das Quartett seine musikalischen Skizzen von „Angesicht zu Angesicht“.
© Ferdinand Dupuis-Panther
Info