Jasper van’t Hof/Tony Lakatos: Go With The Wind
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Jaro 4319-2, LC 08648
In Superlativen schwärmen einige Presseorgane von der vorliegenden CD und dessen geistigem Vater: „Ein Gigant an der Kirchenorgel” heißt es in der Rheinischen Post, und die Neue Westfälische versteigt sich sogar zu dem nachstehenden Urteil “ein kontrollierter Rausch”. Nur muss man dies aus meiner Sicht doch ein wenig relativieren, denn van't Hof präsentiert nicht sein erstes „Orgelwerk“. Gewiss die Kirchenorgel als
Klangkörper des Jazz ist eher selten, aber van't Hof ist nicht der Erste, der sich ihrer bediente. Doch es ist die Spielweise des aus Enschede stammenden Pianisten, die den Zuhörer überaus fasziniert.
Zudem ist es ein Unterschied, ob sich ein gestandener Kirchenmusiker wie Claus Bantzer, Organist an St. Johannis in Hamburg, mit dem Saxofonisten und Flötisten Leszek Zadlo zu freien Improvisationen einfindet – zu hören auf der CD „Illumination“ aus dem Jahr 1996 (!) – oder ein Jazzpianist in der 800 Jahre alten Kirche von Osterwick auf einen sehr erfahrenen Saxofonisten trifft und gemeinsam weitgehend notiert musiziert. Van't Hof hat im Laufe seines Musikerlebens auf allen Tasteninstrumenten gespielt, die man sich vorstellen kann, auf einem Klavier, einem Konzertflügel, auf einer Hammond-Orgel oder elektronischen und elektrischen Tasteninstrumenten, warum also nicht auf einer großen Kirchenorgel.
Jazzliebhaber kennen van't Hof eher als Bandleader des Ethno-Jazz-Ensembles „PiliPili“ und von der Formation „Pork Pie“ - gemeinsam mit dem Gitarristen Toto Blanke. Nun hat er nach neuen musikalischen Herausforderungen gesucht und diese auch gefunden. Gleich für zwei Weggefährten hat van't Hof Kompositionen geschrieben, für den besagten 2013 verstorbenen Toto Blanke und für den sehr früh verstorbenen finnischen Schlagzeuger Edward Vesala, mit dem van't Hof bei „Electric Circus“ zusammenspielte.
Die Komposition „Toto“ erinnert mich dabei an ein Klagelied am offenen Grab eines Verstorbenen. Während die Orgel eher im Hintergrund agiert, dominiert der helle Klang des Saxofons diese Komposition.
Verspielt hingegen ist der Melodiereigen in „Go with the wind“ - ein Schelm, wer da nicht an den Roman und Film „Gone with the wind“ („Vom Winde verweht“) denkt. Doch beim Zuhören entstehen auch andere Bilder, solche von Strandspaziergängen, von Dünen, deren Sand vom Wind davongetragen wird, von im Wind gleitenden Möwen, von Surfern, die mit der Welle wetteifern. Der Titel der Komposition verweist zudem, so van't Hof im Klappentext, auf die Tatsache, dass Orgel und Saxofon nur durch „Wind“ zum Klingen gebracht werden können.
Musikalisch besteigen wir mit Lakatos und van't Hof den Berg Ararat, wo nach biblischer Erzählung dank der Arche Noah das Überleben der Arten gesichert wurde. Zu hören sind dabei um ein Thema schwebende Saxofonpassagen und ein rhythmisierter Orgelsound im Hintergrund.
Vor Einsteins Relativitätstheorie verneigt sich van't Hof in einer Komposition ebenso, wie er uns in die finnische Seenlandschaft entführt, wenn er „Maakunta“ darbietet, eine Hommage an seinen Wegbegleiter Edward Vesala.
Mit einer Reise durch die schottischen Highlands verabschieden sich Lakatos und van't Hof von ihren Zuhörern, die dank des brillanten Spiels des Duos Lakatos/van't Hof gewiss ein wenig ins Träumen gekommen sind.
© Ferdinand Dupuis-Panther
Informationen
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