Jarry Singla Eastern Flowers – Tendu

Jarry Singla Eastern Flowers – Tendu

J

JazzSick Records

Jarry Singla (piano, Indian harmonium), Ramesh Shotham (tavil, kanjira, ghatam, konnakkol, western percussion) sowie Christian Ramond (double-bass) – das ist das Trio namens Eastern Flowers. Es sind drei Musiker mit indischen Wurzeln, die aber längst in Nordrhein-Westfalen, sprich in Köln, heimisch geworden sind. „In der Musik meines Trios koexistieren die europäische und indische Kultur mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie in meiner Kindheit und Jugend. Mal kochte mein Vater indisch, mal meine Mutter deutsch, die Wohnungseinrichtung war eine Mischung aus indischem Kunsthandwerk und alten europäischen Möbeln, meine Mutter hörte heute Mozart, morgen Bach, übermorgen Ravi Shankar oder Lata Mangeshkar, und das alles war eben einfach so. Das Trio ist in gewisser Weise eine Übersetzung dieses Zustandes in den musikalischen Bereich.“ (Jarry Singla).

In der Tat scheint das Trio das umzusetzen, was sich in der obigen Aussagen von Jarry Singla wiederspiegelt, sprich eine Mischung aus klassischer europäischer Musik und indischen Klängen, ohne dass dabei eine Sitar eine wesentliche Rolle spielt. Nach dem Auftakt in „Eviri Mela“ steht auch im weiteren Verlauf der Pianist im Fokus, lässt mit nachhaltigen Akzentuierungen und Läufen aufhorchen. Ähnlich flink wie diese Läufe angelegt sind, ist auch der Bassist des Trios unterwegs. Beim Zuhören muss man bisweilen bildlich an ein Hindernisrennen mit durchtrainierten Rössern denken, die jede Hecke spielend überspringen. Auch das Bild eines Quellgebiets könnte man angesichts der sprudelnden Musik als angemessen ansehen, um die musikalische Struktur plastisch zu beschreiben. Alles geht stetig voran, temporeich, wild, ungezügelt. Doch in der Mitte des Vortrags vernehmen wir einen Tempowechsel hin zu Adagio bzw. Lento. Beinahe Etüdenhaft ist das, was dann folgt. Der Bassist übernimmt im Weiteren auch die musikalische Regie über weite Passagen. Nach dem langsamen Zwischenspiel entwickelt sich erneut ein musikalischer „Tanz des Derwischs“. Da gibt es kein Halten mehr, hört man kurze Beats und ein intensives Getrommel sowie wiederkehrendes Tastenspiel. Und zum Schluss hören wir indischen Sprechgesang wie wir ihn im Fusion Jazz vom Karnataka College of Percussion kennen, einer Formation, mit der der Saxofonist Charlie Mariano einst unterwegs war.

In einem ähnlichen Duktus wie beim Eröffnungsstück „Eviri Mela“ trägt das Trio auch „Sargamony“ vor, allerdings bedient dabei Ramesh Shotham ein klassisches Drumset und nicht diverse indische Perkussionsinstrumente. Beckenschwirren paart sich im Kern mit einem Klavierspiel, das den Trab und Galopp eines Pferdes musikalisch umsetzt, oder? Ein wenig repetitiv erscheinen die Passagen, denen wir zuhören. Man könnte beim Hören auch das Bild von einem mäandernden Flüsschen vor Augen haben, das sich schnell seinen Weg durch die Landschaft bahnt. Gefälle werden überwunden, Hindernisse umspült, Stromschnellen bilden sich. In gewisser Weise entsteht ein rollender Klang, der nicht verwässert wird. Auch in diesem Stück ist ein Tempowechsel Teil des musikalischen Konzepts. Beinahe lyrisch angelegt sind Passagen im Mittelteil des Stücks. Einhalten und Besinnen scheint das Credo. Die Basshand des Pianisten führt Regie, begleitet von nervösen Schlägen, die rasch vergehen. Und immer wieder führt uns der Pianist auch auf das Kernthema des Stücks zurück.

Widmen wir uns nun „Tumburu“: Sphärisches umfängt uns. Ein Klangteppich ist zu vernehmen, der mittels Harmonium ausgerollt wird. Dieses hört sich bisweilen wie der Klang eines Zuginstruments an, sprich man muss hier und da an den Klang eines Akkordeons denken. Im Hintergrund hört man Klack-Klack in Stetigkeit. Nachfolgend sitzt Jarry Singla wieder an seinem Piano und lässt sprunghafte Setzungen hören. Klassisch anmutend ist das, was ans Ohr des Zuhörers dringt. Tok-Tok-Tok – das entwickelt Ramesh Shotham perkussiv. Hören wir da eine Rahmentrommel mit Schellenpaar? In diese Schläge fällt dann der Pianist ein und entwickelt einen klanglichen Wellengang. Auch für ein wenig neoromantische Musik scheint Jarry Singla affin, so der Höreindruck.

Mit lautsprachlichem Gesang wird „Tendu“ aufgemacht. Es handelt sich wohl um Konnakol aus dem Süden Indiens. Dieser Rhythmusgesang ist durchaus mit dem Scatten im Jazz gleichzusetzen. In den rhythmischen Singsang fällt der Pianist dann mit seinen rhythmisierten Sequenzen ein und übernimmt das musikalische Geschehen in Gänze. Und Ramesh Shotham übernimmt das Rhythmusspiel des Konnakol, oder? Scheint nicht auch ein wenig der Duktus von Bach durch, wenn Jarry Singla in die schwarzen und weißen Tasten greift? Erneut erleben wir im Fortgang ein kurzes Intermezzo mit Konnakol und dann gibt es Musterwiederholungen wie in einer Tapete mit Rapport. Zum Schluss hören wir eine Komposition des us-amerikanischen Saxofonisten Charlie Mariano namens „Bangalore“ in einem Arrangement von Jarry Singla. Dabei erleben wir dann das Indische Harmonium mit lang gezogenem Klang und obendrein ein unablässiges Trommelstakkato. Die Klangnähe zwischen dem Harmonium und dem Akkordeon ist dabei schon frappierend. Nach dem eher Sonoren ist dann Jarry Singla am Piano zu hören, dabei den Eindruck evozierend, man lausche einem flotten Tanz. Bizets „Carmen“ scheint auch nicht weit, oder? Doch wir sind im indischen Bangalore, dem Silicon Valley Indiens. Ramesh Shotham lässt mit seinem aufwühlenden, quirligen perkussiven Spiel daran wohl keinen Zweifel. Hören wir da Schläge auf eine Rahmentrommel mit Schellen oder auf ein Tongefäß? Derweil fügt Jarry Singla einige europäische Klangaccessoires bei.

© ferdinand dupuis-panther


Infos


Tracks

1 Eviri Mela 09:36
2 Sargamony 09:05
3 Tumburu 08:26
4 Tendu 05:28
5 Ome Moduvi 08:34
6 Aroha 05 :16
7 Vide Cinq 06:36
8 Bangalore 07:36

„Tumburu, Tendu, Ome Moduvi, Aroha“ and „Vide Cinq“ were composed by Jarry Singla.
„Eviri Mela“ by Jarry Singla and Ramesh Shotham, „Sargamony“ by Jarry Singla and
Sanjeev Chimmalgi. „Bangalore“ by Charlie Mariano, arranged by Jarry Singla.

https://jarrysingla.com/


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