Jan Klare & Alex Schwers: Frustice
J
Umland Records
Erschienen ist das vorliegende Album als viertes Album bei UMLAND Records, eine Gründung von Jan Klare, Florian Walter und Simon Camatta, die in der Jazzszene und der freien Improszene in NRW – vor allem in Essen und Umland – bestens vernetzt und bekannt sind.
Auf der Homepage von Umland Records lesen wir: „Kein UMLAND ohne DORF und umgekehrt. Seit einer Dekade existiert mit THE DORF eine Band, die es nach den Maßstäben der aktuellen Kulturlandschaft eigentlich nie hätte schaffen dürfen: über die meiste Zeit ohne nennenswerte Finanzierung und Publicity-Maschinerie, zu der Repräsentationsfläche für die zeitgenössische Jazz-and-beyond-Szene des Ruhrgebiets zu wachsen. Es kann nicht nur immanent musikalische Gründe haben, dass über 30 Musiker_innen über die Jahre hinweg stetig, eng und trotz aller Widrigkeiten zusammenarbeiten. … Um den vielen Splittergruppen, die auf personeller, musikalischer und intentionaler Ebene an THE DORF andocken, eine angemessene Plattform zu bieten, schaffen wir mit UMLAND RECORDS eine “Plattenfirma“, die weiterführt, was mit THE DORF begonnen wurde: Die Etablierung eines Raumes, in dem Musik nicht die am leichtesten bekömmliche Antwort auf die Frage gibt, warum diese Welt so unglaublich kompliziert geworden ist – sondern den Versuch einer ernsthaften Sinnforschung trotz materialistischem Hintergrundrauschen darstellt.“
Zu hören sind auf „Frustrice“ Alex Schwers an den Drums und Jan Klare am Basssaxofon und an den Effektgeräten. „Frustice bedeutet Substrat und Reduktion – Frust, Justiz und Gerechtigkeit.“ Das liest man als Erläuterung zu der Wahl des Albumtitels (?). Oder ist es gar der Name des Duos? Deutlich wird dies auf dem Cover nicht wirklich. Das Duo Klare/Schwers eröffnet mit „harbinger“ ihr Album, zeigt uns den „gummi twister“ und den „mathe loser“ sowie den „popper“, ehe mit „wire“ das Album abgerundet wird.
Im Englischen bedeutet „harbinger“ Vorbote, Herold und Frühlingsbote. Ob das irgendwie auch im Song auszumachen ist? Hören wir mal rein: Hart ist der Schlag auf die Basstrommel. Das hat Signalwirkung. Nach und nach schwillt ein Klang an, der nach einem verfremdeten Harmonium oder Shruti-Box klingt. Schwers „Paukenschlag“ ist weiterhin unüberhörbar. Verfremdungen lassen das Bass-Saxofon als solches nicht erkennen. Schwirren, Sirren, Jaulen, Brummen sind vernehmbar – irgendwie der Klang des alten Industriezeitalters von Eisenverhüttung und Stahlwalze. Zartes Blechschwirren vereint sich mit dem dumpfen „Hammerschlag“, sprich Tritt gegen die Basstrommel. Zum Ende zu scheint ein Inferno entstanden zu sein. Eher behäbig scheint der „gummi twister“ anfänglich zu Werke zu gehen. Erdig-rotzig ist das, was uns Jan Klare auf seinem Basssaxofon zu Gehör bringt. Nach gekonnter Sprungtechnik mit Gummiband hört sich das nicht an, eher nach vergeblichen Bemühungen und nach Konfusionen, so als hätte sich der Gummitwister irgendwie verheddert. Doch dann, ja dann, gelingen brillante Sprungfiguren, wenn auch in steter Wiederholung, so suggeriert es uns Jan Klare mit seinem redundanten Basslauf auf dem Saxofon.
Leicht verfremdet tritt das Saxofon bei „mathe loser“ in Erscheinungen. Sind da auch Loops verwendet worden? Dann aber gibt das Duo den harten Beat und Bass vor, der in Bauch und Beine geht. Wer da beim Zuhören nicht mehr bringt als dezentes Fußwippen und Fingerschnippen, der scheint desensibilisiert gegen eingängige Rhythmik. Man muss ja nicht gleich in Headbanging verfallen, aber irgendwie scheint auch der Punk im Spiel zu sein. Das wundert bei Alex Schwers nicht, denn er ist in der hiesigen Punk-Szene durchaus kein Unbekannter. Bei „popper“ darf man nun keine Persiflage auf „Spandau Ballet“ oder „Roxy Music“ erwarten, Bands, die für einen Teil der Jugendkultur der 1980er Jahre stehen. Klare und Schwers bleiben im Gegenteil ihrem energetisch, bassgeladenen, erdigen Spiel treu, auch wenn Effekte hier und da kurzzeitig eingestreut werden.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Umland Records
https://umlandrecords.de/
Jan Klare
http://www.janklare.de