Hotel am Pluto: Dazwischen

Hotel am Pluto: Dazwischen

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Hey Jazz

Galaktisches und Sphärisches aus der Stadt, die es nach Google nicht gibt, steht auf dem Programm. Das Abbrennen eines musikalischen Feuerwerks und zugleich eine rasante tonale Achterbahnfahrt – das haben sich die Musiker von Hotel am Pluto aus Bielefeld auf ihre Fahnen geschrieben. Schon der Bandname klingt extraterrestrisch und zugleich nach Fusion4.0 und Jazz Rock reloaded. Nein, das Album hat nichts mehr gemein mit Fusion der 1980er Jahre, nichts mit Spyra Gyra, United Jazz & Rock Ensemble oder ähnlichen Bands. Vielmehr scheinen der Canterbury Sound – man denke an Soft Machine –, Kraftwerk, Can und Embryo eine Reinkarnation zu erleben und wiederum auch nicht. Ähnliches gilt für Krautrock. Zum Dienstpersonal des Hotels am Pluto gehören: Thomas Schweitzer (Altsaxofon), Carsten Möller (Gitarre), Michael Voß (Bass) und Andreas Menke (Schlagzeug). Sie haben sich offensichtlich dem Psychodelic Jazz der Gegenwart verschrieben. Kurz sind die eingespielten Songs, ähnlich kurz wie Popsongs. So darf man dann auch keine ausufernden Improvisationen erwarten, wenn Titel wie „Chill!“, „Dawischen“, „Im Mixer“ oder „Ländlichst auf der Straße“ zu hören sind. Zum Schluss geht es noch um „Zwickelei“ und ganz am Ende heißt es „Immer weiter“. Doch das scheint nur ein frommer Wunsch zu sein, denn das Album als Tonträger ist schlicht und ergreifend ja endlich.

Bei „Chill!“ ist auch das Abhängen inbegriffen, auch wenn zunächst ein fröstelnder Schauer über den Zuhörer hinwegfegt. Doch dann verströmt das Saxofon einen meditativen Charme einschließlich eines beinahe ostinaten Om-Om. Der Gitarrist unterlegt dabei die Saxofonpassagen mit einem tonalen Fluss, der an Karibik denken lässt, an azurblaues Wasser, an Cuba libre und mehr. So wird nach und nach aus „Chill!“ schließlich ein Chill-out. So entspannt kann sich der Zuhörer dann auf „Irgendwo im Nirgendwo“ einlassen. Zuvor jedoch geht es musikalisch noch einmal über Stock und Stein, stehen Krawall und Rabatz im Vordergrund, schreit das Saxofon „Alarm, Alarm“, zeigt sich die Gitarre rotzig-frech. So klingt halt beim Hotel am Pluto „Dazwischen“, aber dann geht es ins „Irgendwo im Nirgendwo“: Thomas Schweitzer geht mit seinem Altsaxofon voran und nimmt uns in seinen Schlepptau. Dumpf und stetig meldet sich der Bass, gespielt von Michael Voß. Darüber tanzen Saxofon und Gitarre ihren musikalischen Pogo, teilweise wie entfesselt. Man stelle sich vor, die Band hätte Irrlichter in eine musikalische Form gebracht.

„Luhzis Jingle“ lautet ein weiterer Song, der aufhorchen lässt, zum einen wegen des quicklebendigen Saxofons, das sich beinahe beschwörend zeigt. Die Gitarre jault, schreit, wimmert, heult, zeigt alle ihre Klangregister und natürlich rockt sie mächtig. „Masha“ folgt mit kurzen Saxofonpassagen auf den Fuß, vermischt mit ebenso kurzen Gitarreninterventionen. So nimmt man Stakkatos wahr, die sich durch den Song ziehen. Lange Melodiewellen entwickeln sich nur im letzten Teil des Songs. Das hat beinahe lyrische Anmutungen, wenn man nicht sogar von einem Lamento reden muss.

In Zeiten von Coffee to go scheint auch „Revolution to go“, möglich, handlich verpackt, nebenher wahrgenommen. Latin Rock im Geiste von Santana sowie Blood, Sweat & Tears in der Bläserpassage vereinen sich zur gelungenen Melange. Kaum hat man sich auf einen solchen Klangeindruck eingelassen, provoziert die Band mit „Morgendliche Gehirnwäsche“, denn dieses Stück dauert weniger als eine Minute, kann also bestenfalls als Zwischenspiel durchgehen. Irgendwie scheint schneller Schluss zu sein, als man es als Zuhörer erwartet. Ein musikalischer Faden mag sich da nicht so recht entfalten. Also heißt es doch besser „Zwischenspiel“ oder „Pausenfüller“, oder? „Zwickelei“ ist ein weiterer Titel auf dem Album: Nein, im Duden findet man diesen Begriff nicht. Zwickel als Begriff für einen keilförmigen Einsatz an Kleidungsstücken ist bekannt, Zwickelei jedoch scheint eine Wortschöpfung der Band. Das Musikstück wird mit einem aufmüpfigen Saxofonsatz aufgemacht, begleitet vom Gitarristen und unterstützt durch die Rhythmusgruppe. Zeitweilig muss man beim Zuhören an hopsende Kinder denken. Irgendwie entsteht kein wirklicher Fluss, auch wenn Carsten Müller das musikalische Zepter mit der Gitarre übernimmt. Man hat eher den Eindruck von Vorwärts und Stillstand im steten Wechsel. Erst wenn Thomas Schweitzer stimmlich aufdreht, hat man das Bild bewegter zuckender Leiber vor sich. Dabei lautet das Motto vielleicht: „Tanzen wir mal den Pogo!“

Text: © ferdinand dupuis-panther

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Michael Voss
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