Hijaz: Dunes
H
Zephyrus Rec., ZEP007
Die Band besteht aus dem Oud-Spieler Moufadhel Adhoum, dem griechisch-belgischen Pianisten Niko Deman, dem Kontrabassisten und Bansurispieler Rui Salgado und dem Perkussionisten Chryster Aerts. Mit ihnen unternehmen wir eine Reise in die Länder rund ums Mittelmeer, in die Levante und ins Maghreb. Besonders ausgefeilt sind bei Hijaz die Dialoge zwischen der arabischen Laute namens Oud und dem durch und durch europäischen Saloninstrument namens Piano. Bei der Bansuri handelt es sich nicht um ein Instrument orientalischen Ursprungs, sondern um eine sechs- oder siebenlöchrige Bambusquerflöte aus Südasien.
Mit „Dunes“ macht das Album auf, führt uns zu dem „Desert Dancer“, „Chemsi“ und Nahadin“ erklingen, ehe das Album mit „Evasion“abgerundet wird. Auch nach „Sidi Bou Said“ im Norden Tunesien nehmen uns die vier Musiker mit.
Weit trägt der Klang der Bambusflöte. Vor unseren Augen weht der Wind stetig über die Dünenkuppe. Sandkorn um Sandkorn fliegt dahin und findet einen neuen Platz. So beginnt die Komposition „Dunes“, ehe dann die arabische Laute mit schnellem Tempo und auch das Schlagwerk die Rhytmik und Harmonie bestimmen. Soald der Kontrabass erklingt, ist dann Europa präsent. Doch das dauert nur einen Bruchteil von Minuten, danach drängt sich wieder der Orient in den Vordergrund. Man denkt dabei an die Märkte in Fez und anderswo, Märkte mit Schlangenbeschwörern und Gauklern.
Zum Solo der Oud erklingen die Darbuka und hier und da das Piano, das überwiegend mit kurzen Passagen ins musikalische Geschehen eingreif. Feurig und voller Rhythmus präsentiert sich die Komposition, die auch dem europäischen Jazz einen gewissen Raum einräumt, wenn Niko Deman seinem Tastenklangkörper melodischen Klang entlockt und dazu die Besen über die Felle der Trommeln gleiten, dank sei Chryster Aerts. Beinahe aus dem Off vernimmt man dann die Flöte. Der Flötenspieler scheint sich irgendwo im Gewirr der Gassen der Medina aufzuhalten.
Taktaktaktak – das hört man zu Beginn von „Sidi Bou Said“, ehe sich die Flöte zu Wort meldet. Der Pianist setzt gekonnt scharfe Akzente. Doch die Flöte bestimmt die Klangfärbungen, ornamental und orientalisch. Dazwischen hört man immer wieder Ansätze aus dem europäischen Jazz, auch hintergründig, wenn die Flöte erschallt. Der Rhythmus ist packend, sobald Chryster Aerts und Rui Salgado präsent sind. Narrativ erscheint das Spiel der Oud. Man denkt spontan an Alibaba und die 40 Räuber und all die anderen Geschichten aus 1001 Nacht.
Bei „Desert Dancer“ werden wir zunächst mit dem dumpfen Gezupfe des Kontrabasses konfrontiert. Dazu gibt es das nervöse perkussive Spiel von Chryster Aerts. Hören wir da etwa auch eine elektrisch verstärkte Oud, die Moufadhel Adhoum mit rockiger Attitüde in Schwung bringt? Langsam, langsam und dann ein wenig schneller kommt der Wüstentänzer in Fahrt, dreht sich um die eigene Achse, tänzelt auf den Fußspitzen. Wenn der Pianist Niko Deman in die Tasten greift, dann drängt sich außerdem die Vorstellung von sephardischer Musik auf. Doch im nächsten Augenblick sind wir dann auch wieder bei lyrisch ausgerichtetem Piano-Jazz.
Besonders gelungen erscheint mir die Komposition „Nahadin“, die uns gänzlich in die Welt des Orients und in die der klassischen orientalischen Musik einführt, in der die Oud eine besondere Stellung einnimmt. Nach der Einleitung gleitet die Musik aus der arabischen Rhythmik ins Epische und Lyrische ab. Einen Spaziergang durch die maurischen Festungen Andalusiens und die dortigen Gärten drängen sich auf. Irgendwo am maurischen Hofe unterhalten Oud-Spieler. So unternehmen wir eine Kopfreise in die Zeit vor der katholischen Reconquista und der Zerschlagung von Al Andalus.
Mit „Evasion“ und einem nachhaltigen und hallenden Klang der Oud enden das Album und die musikalische Reise zwischen Levante und Maghreb sowie Europa.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Zepyhrus Rec.
http://www.zephyrusvzw.be
Musiker
Hijaz
http://www.hijaz.be