HIDDEN PEOPLE - Comment s'étaient-ils rencontrés
H
Dur et Doux
Hidden people entstand als Duoformation im Jahr 2016. Zwei Jahre später erschien das erste Album und nunmehr liegt das zweite Album von Mélissa Acchiardi (banjo, prepared drums, synthesizer, voice) und Aëla Gourvennec (cello, voice) vor. Über die Musik des Duos lesen wir unter anderem: „The music of Hidden People is woven like a thread stretched between several spaces that silently co-exist. None of them has the same shape and the people who live there do not have the same trajectories. They intersect very far from the usual, all there in their singularities and their laces.“
Die Instrumentierung des Duos ist nicht alltäglich. Ein Cello trifft auf Synthesizer, Bass-Banjo und ein präpariertes Schlagwerk. Und was entsteht daraus? So liest es sich dazu im Pressetext: „Each song is a door that we push with curiosity.The music of Hidden People is crossed by musical, discographic and literary encounters such as Ginsberg, Tarkos, Michaux, Perec, Brigitte Fontaine, Amanda Palmer or Tom Waits, La Monte Young, Vivaldi or Chopin, Icelandic ambient music or Sicilian traditional music.“
Zwei zarte Stimmen sind bei „Bouts de Temps“ zu vernehmen, eher in der Rezitation als im Gesang. Und dann schwingen die Saiten des Cellos, tief, nachhaltig, zyklisch. Elektronisches wird beigefügt. Zischen vereint sich mit elektronischen Oszillationen. Rhythmischer Gesang ist auszumachen, begleitet von den rhythmisierenden Folgen des Cellos. Namensgebend für das Album ist „Comment s'étaient t-ils rencontrés“. Ist da ein Xylofon oder ein Glockenspiel neben dem Gesang zu hören? Was hören wir eigentlich? Ein Kinderlied? Kristalline Klänge treffen auf Schlagwerkwirbel, die hintergründig gesetzt sind. Das gestrichene Cello lässt an eine Bratsche denken, derweil Bleche rauschend schwingen. Wird da ab und an das Cello nicht auch gezupft? Bassdrum oder nicht? Das ist eine weitere Fragebei den folgenden Passagen.
Ausschweifende Phrasierungen findet man weder in den oben genannten Stücken noch in weiteren, die auf dem Album veröffentlicht wurden. Eher das Songhafte ist in den Stücken zu sehen, oder? Das gilt auch für „Invincibles“, ein Stück mit rhythmischem Plonk-Plonk und lautmalerischen Stimmphrasierungen versehen. Stolpernde Schlagwerkeinmischungen sind ebenso zu hören. Ist da nicht auch eine Kuhglocke, die unter dem Tick-tick des Sticks zum Klingen gebracht wird? Saiteninferno erleben wir bei „Plomb“. Dazu werden ergänzend elektronische Schwaden auf dem Synthesizer eingespielt. Rockig ist der Rhythmus. Ein wenig muss man an Can und Kraftwerk denken, wenn man diesem Stück lauscht. Angerissen werden die Saiten des Cellos, derweil die beiden Protagonisten von Hidden People das Wort nehmen. Ist da nicht auch Rap verarbeitet worden? Man möchte es annehmen, wenn dann auch nachfolgend zwischen kurzen Momenten klassischer (?) Musik und Technostrukturen changiert wird.
Angesichts des Titels „Tornade“ ist man wohl auf die entsprechende Klangcollage neugierig. Zu Beginn lauschen wir einem poetischen Vortrag. Im Hintergrund hat das gestrichene Cello das Wort, seufzend, klagend und in Wehmut gehüllt. Was hören wir? Ein Lamento vielleicht? Auf jeden Fall ist von einem Tornado nichts zu spüren. Also, warum dann dieser Titel? „Chien et loup“ ist der Titel eines weiteren Stücks. Kristalline Kaskaden dringen ans Ohr des Zuhörers zu Beginn des Stücks. Aus dem Off, so scheint es, vernimmt man Gesang, der an gregorianischen Gesang denken lässt, zumindest an sakralen Gesang. Auch im weiteren fokussiert sich das Stück auf ein Gewebe aus Elektronischem und Gesang. Klappernde Klangstäbe und eindringlicher tieftöniger Rhythmus des gezupften Cellos überzeugen in „Merci“. Auch in diesem Stück beschränken sich die beiden Vokalistinnen auf das Rezitieren, verzichten auf Scat Vocals oder genuinen Rap oder Hip Hop. Und doch gibt es Anmutungen von beiden Genres. „Cécilia“ und „L'altitud“ beschließen das Album. Dabei knüpft „Cécilia“ im Gesang an die Folklore des südlichen Italiens an, in der auch der Klang von Flöten neben eindringlichem, mehrstimmigem Gesang eine wesentliche Rolle spielt. Fazit: Wer Poesie und auch Lyrik schätzt, für den ist das Album sicherlich ein Tipp. Eingefleischte Jazzliebhaber werden gewiss das Ausufern und die offene Struktur von Improvisationen vermissen. Dafür überwiegt bei dem aktuellen Album das Liedhafte, die gebundene Form.
© ferdinand dupuis-panther
Info
Set List
1. Bouts de temps
2. Comment s'étaient t-ils rencontrés
3. Invincibles
4. Plomb
5. Les yeux bougent
6. Discussion inter-continentale
7. Tornade
8. Atteindre
9. Chien et loup
10. Maudite
11. Merci
12. Cécilia
13. L'altitud
Line-up
Mélissa Acchiardi | banjo prepared drums, synthesizer, voice
Aëla Gourvennec | cello, voice
https://duretdoux.com/en/home/