Heginger - Herbert - Cech: "springlink"
H
alessa records, ALR 1036
Mit der Vokalistin Agnes Heginger, dem Bassisten Peter Herbert und dem Pianisten Christoph Cech hat sich ein improvisierendes "Dream Team" gefunden. "Zu jedem Moment alle Möglichkeiten vorfinden", könnte ein Motto der drei Musiker sein, die allesamt häufig Brücken schlagen - Brücken zwischen Jazz und E-Musik. Drei Persönlichkeiten sind die Garanten einer spannenden Reise zwischen "komponiert" und "improvisiert". Werke aller drei finden Platz im Bogen der Performance. Stilistische Zuordnungen treffen wir nicht, man bedient sich lustvoll bei allem, was neugierig macht, den Geist zum singen, den Körper zum schwingen bringt - so die Worte von Christoph Cech
Von „kurzwurz“ über „wie eine dachtraufe“ und „oktoberschatten“ sowie „novemberstories“ und „nos'n“ bis zu „älter werden“reicht das Programm des Trios . Dabei stammt die Lyrik von "Wie eine Dachtraufe", "Wie gut wärs" und "Älter geworden" von Joseph Kopf und ist im Rimbau-Verlag erschienen. Die Musik zu diesen Songs stammt aus der Feder von Peter Herbert. Agnes Heginger zeichnete für insgesamt vier der elf Stücke des Albums verantwortlich. Der Pianist Christoph Cech steuerte gleichfalls vier Kompositionen zum Gelingen des Albums „springlink“ bei. So kann man von einer sehr gleichberechtigten Teilhabe bei der Gestaltung des Albums sprechen, was ja nicht bei allen Jazzprojekten der Gegenwart der Fall ist. Meist bestimmt ein Bandleader die Richtung.
Hm, die Lyrik ist mehr als nur gewöhnungsbedürftig. „Kurzum“ ist geläufig, aber „kurzwurz“ wohl kaum. Doch Dada macht das Trio im strengen Sinne auch nicht, eher ein Wechselspiel aus Poesie und Klang, aus Gedicht, Klangsprache und Klavierharmonien sowie Basslinien des Tieftöners. Das muss man mögen. Für Puristen unter den Jazzhörern ist da wohl eine große Hürde zu nehmen.
Flott ist der Duktus von „kurzwurz“, mit dem das aktuelle Album aufgemacht wird. Scat Vocal im weitesten Sinne ist das, was Agners Heginger uns präsentiert: „Debubbabibubadebu …“ und dazu gleitet dann ihre Stimme in die Höhen des Soprangesangs ab, einer Operettendiseuse gleich und wohl nicht ganz ernst gemeint, sondern ironisierend. Der Sprechgesang unterwirft sich einem Stakkatoduktus und wird dabei von galoppierenden Läufen unterstützt, die den schwarzen und weißen Tasten abgerungen werden. Hintergründiges Gebrabbel ist auch auszumachen und verschiedenste Tonfolgen dringen an unser Gehör, ein Kieksen, ein Grummeln und ein Brummeln folgen. Im Schlepptau dessen bewegt sich der stoische Bass, kurzum, nein „kurzwurz“.
Verszeilen und tonale Intermezzos wechseln sich in „wie eine dachtraufe“ ab. Bisweilen meint man wirklich, Piano und Bass versuchen in Tönen einzufangen, was Agnes Heginger in Worte gefasst hat: „Wie eine Dachtraufe/den Regen auffangen/den Kot der Vögel ...“ Worte und Musik in der Begegnung erfordern vom Hörer Konzentration auf den Wortsinn und den Klang. Doch auch „Lalalalaladadada“ ist Teil des Opus, das sich in bewegten Läufen verliert.
Lauscht man der Komposition „springlink“, ein Werk des Pianisten Christoph Cech, dann kann man den Aufbruch wahrnehmen, den Aufbruch, den der Frühling mit sich bringt. Die Bäche fließen, die Quellen sprudeln, das erste Grün sprießt, die Frühblüher zeigen sich in Weiß und Violett und die Sonne strahlt verhalten. Das Klavier ist gleichfalls frühlingshaft gestimmt und trällert und trillert. Auch der Bass kann sich dem Aufbruch nicht verschließen. Agnes Heginger spielt auch eine Rolle im Frühling, mit Scat Vocal und nicht mit Lyrik.
Machen wir einen Sprung vom Frühling in den Herbst. Das ist auf dem Album kein Problem, denn auch die Geschichte des „oktoberschattens“erzählt das Trio. Wer dann vermutet hat, der Herbst klinge melancholisch, der irrt. Der Herbst von Heginger-Herbert-Cech kommt beschwingt und fröhlich daher, auch wenn die Blätter fallen und die Tage kürzer werden. Vorhanden sind außerdem die dunklen Herbstfarben, fokussiert man sich auf den Bass. Keine Frage, der Herbst hat eben seine Schattenseiten, wenn Land und Stadt im Nebel verschwinden, wenn kriechende Kälte und Feuchtigkeit sich ausbreiten, wenn die Tische vor den Cafés längst verschwunden sind. Nur noch Hartgesottene halten es draußen aus. Prägnant und dominant ist bei „oktoberschatten“ das Spiel des Pianisten Christoph Cech. Endlich befreit sich auch der Mann am Bass, Peter Herbert, von den Fesseln und lässt seinen Tieftöner herbstlich klingen.
Nicht nur ein Lied über den Oktober haben Heginger-Herbert-Cech in ihrem musikalischen Tornister, sondern auch „novemberstories“, ein Stück, das ein Singer/Songwriter hätte geschrieben haben können. Zwischen irischer Folklore und New Age bewegt sich „avalon, avalon, avalon“, ein mythischer Ort, der im Umkreis der Artus-Sage anzusiedeln ist. Ob wohl der Fantasy-Roman „Nebel von Avalon“ bei dem Entstehen des Songs eine Rolle gespielt hat? Man müsste mal einen O-Ton einfangen können, auch zu den Beweggründen für diese teilweise doch ein wenig sperrig geratenen Einspielungen des Albums „springlink“.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Alessa Records
www.alessarecords.at
Musiker
Agnes Heginger
www.agnesheginger.com/Agnes_Heginger/Home.html
Peter Herbert
http://azizamusic.com/
Christoph Cech
http://www.christoph-cech.com/