Half Easy Trio – Dark Is Bright
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self produced
Der Drummer Martin Hafizi, beheimatet in Rotterdam, aber aus Bulgarien gebürtig, der Pianist Franz von Chossy, aus Deutschland stammend in Amsterdam lebend, und der aus Österreich stammende Kontrabassist Johannes Fend bilden das Half Easy Trio, von der Besetzung her ein klassisches Jazztrio. Das Trio gewann den im Amsterdamer Bimhuis abgehaltenen Wettbewerb „Keep an Eye The Records 2018“. Von Chossy wurde mit folgenden Preisen bedacht: Bester Solist und 1. Preis Dutch Jazz Competition 2006 und 2. Preis Montreux Jazz Solo Piano Competition 2009. Johannes Fend wurde unter anderem als bester Solist mit dem Erasmus Jazzpreis 2017 ausgezeichnet. Der Bandleader, der dem Trio auch bulgarische Folklore nahebringt, erhielt unter anderem den Großen Preis des International Contest Galaxy of Talents 2010.
Alle Kompositionen des aktuellen Albums stammen aus der Feder von Martin Hafizi. Der Bogen der Kompositionen spannt sich von „Schizo“ und „Can't Wait“ über „Interlude“ und „Me vs mE“ zu „Bright is Dark“ und „Dark is Bright“. Kristalline Tastenfolgen machen den Beginn von „Schizo“ aus. Dazu gesellt sich ein tieftöniger Bass in Erdfarben. Im Verlauf versteht sich auch der Pianist auf Basstönigkeit begleitet von Beckenschwirren, dank an Martin Hafizi. Nach einem Furioso und einer kurzen Klangpause setzt Franz von Chossy das Stück mit getragenem Tastenlauf fort. Schrille Sirenentöne sind zu vernehmen. Dazu hören wir einen klanglichen Wirbelstrudel. Schlagwerkgeklopfe vereint sich mit leicht sprunghaften Sequenzen, die von Chossy präsentiert. Kleinere Eruptionen durchziehen den weiteren Verlauf der Komposition. Aus der Sprunghaftigkeit erwächst ein kaskadierendes Spiel mit den schwarzen und weißen Tasten. Fulminant ist das Schlagwerkspiel, das für die weitere Dramatisierung des Stücks sorgt. Dabei hören wir auch redundante Passagen, die der Pianist verantwortet. Und wann kommt die finale Entladung, ist dabei auch die Frage.
In die Höhe schießende Fontänen stellt man sich bildlich bei den Sequenzen vor, die von Chossy bei „Cant' wait“ zunächst spielt. Zugleich muss man an rollende Windhosen denken, die über die aride Landschaft ziehen, so jedenfalls ein weiteres Bild beim Fortgang des Stücks und dessen dramatischen Liniensetzungen. Nicht das Warten assoziiert man mit der perlenden Melodiezeichnung, sondern eher Unruhe, ein Hin und ein Her, eine Unstete, ein Vorwärtsdrängen, ein Hasten mit kurzen Verschnaufpausen. Das Stück erscheint überaus dynamisch, sehr bewegt, beinahe schon auf Konfrontation und nicht Dialog ausgerichtet. Technoanmutungen zeichnen den Beginn von „Me vs mE“ aus. Kristalline Formen verbinden sich mit einem „umbrafarbenen Bass“, der Bodenständigkeit zum Ausdruck bringt. Derweil vermittelt der Pianist die Abkehr vom Newtonschen Gesetz. Wellenförmig schweben die Klangsegmente dahin, werden diffus, um dann wieder eingebunden zu werden.
„What if“ macht mit Wolfsgeheul auf, oder? Danach hört man einen „heulenden Bass“ und ein „Tastenklimpern“, das sich zu einer sehr basslastigen Linie entwickelt. Immer wieder vernimmt man das Heulen, eingestreut in die Dramatisierung des melodischen Fortgangs des Stücks. Kristallines trifft dabei auf einen „dreistufigen Bass“, dank an Franz von Chossy. Und Martin Hafizi bearbeitet Felle und Bleche wie ein Berserker. Und abrupt ist dann Schluss.
Die beiden Schlussakkorde des Albums gehören „Bright is Dark“ und „Dark is Bright“. Sehr getragen und einem Lament nicht unähnlich – so beginnt „Bright is Dark“. Bildlich kann man sich zur Musik einen verhangenen tiefgrauen bis schwarzen Novemberhimmel vorstellen. Gestrichen wird der Bass zu einem weiteren Element, das auf den winterlichen November oder einen verregneten Oktobertag verweist. Die vermittelte Stimmung verstärkt sich im weiteren Verlauf des Stücks, das in einer Endlosschleife gefangen erscheint. Nicht gar so düster ist dann „Dark is Bright“ als Schlussnote des Albums. In diesem Stück bündelt sich noch einmal die inszenierte Dramatik, die auch bei anderen Kompositionen auszumachen ist. Klappernde Rhythmik vermischt sich mit einem gezupften Bass. Ingesamt hat man den klanglichen Eindruck, die Zeit würde dahinrinnen und der Minutenschlag einer Turmuhr würde imitiert. Auf das Anvisieren eines musikalischen Höhepunkts verzichtet das Stück nicht. Danach hat man die Vorstellung, von Chossy würde mittels Tastenspiel einen still dahin rinnenden Bachlauf musikalisch kopieren, der allerdings nach und nach zu einem stark strömenden Strom auswächst.
Text © ferdinand dupuis-panther
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