Grey Paris – Medea
G
https://greyparis.bandcamp.com/album/medea
Im Pressetext zum Album und zum Trio lesen wir Nachstehendes: „Das Berliner Trio Grey Paris präsentiert Songs voller vertrackter rhythmischer Elemente und minimalistischer, filmähnlicher Atmosphäre. In ihren Kompositionen tragen sie die Zuhörer mit immer neuen Ideen durch akustische Klangwelten wie in einem synästhetisch wahrgenommenen Erlebnis. “
Ob man aus der vorliegenden Musik, wie im Pressetext angedeutet, eine Melange von E.S.T., Gogo Penguin, Nils Frahm oder Brandt Brauer Frick heraushören kann oder nicht, soll an dieser Stelle offen bleiben. Klassisch ist jedenfalls die Bandzusammensetzung mit Piano, Bass und Schlagwerk. Und natürlich ist bei dem Projekt über eine Frauenfigur aus der griechischen Mythologie auch Elektronisches mit im Spiel. Was das wiederum mit der zauberkundigen Tochter des Königs Aietes von Kolchis an der Ostküste des Schwarzen Meeres zu tun hat, müsste man die Bandmitglieder fragen. In der Medea-Saga geht es auch um das legendäre Goldene Vlies und um die Argonauten, die es unter Führung von Iason in Besitz nehmen wollen. Das ist antiker Erzählstoff, doch das Berliner Trio ist musikalisch ein Kind der Jetztzeit. Also ist der Albumtitel Zufall? Oder soll er nur neugierig machen? Zum Schluss: Wieso nennt sich eine Band aus Berlin eigentlich „Graues Paris“? Oder hat sich die Band nach dem antiken Schönling Paris benannt?
Nun gut, lassen wir das mal beiseite und widmen wir uns lieber dem Akustischen. Das mag unverfänglicher sein. Mit dem Stück „Medea“ eröffnet das Album. Dabei hören wir schnelle, perlende Klaviersilben, die sich so anhören, als würde ein in kleinen Schleifen sich ergießendes Rinnsal akustisch eingefangen. Nervös, kurz angebunden so erscheint das Drumming. Im Laufe des Stücks vernimmt man aber auch lyrische Passagen, die allerdings durch elektronische Klänge und verwirbeltes Schlagwerkspiel verfremdet werden. Bisweilen verbinden sich Anlehnungen an Chopin und Grieg zu einer akustischen Melange. Doch das sind lediglich „Zwischenspiele“. Im Kern geht es um die stete Rhythmisierung, ein Vorwärts-Vorwärts, hier und da auch mit Anlehnung an Techno und House. Redundanzen sind dabei bewusst gesetzt worden.
Zyklisch kann man die Musik durchaus bezeichnen. Und dann sind da noch starkes Bass-Drumming und hektische elektronisch gesetzte Frequenzen. „Akustische Jaktationen“ durchziehen das Stück über weite Strecken. Trance scheint angestrebt zu werden. Der musikalische Fluss kennt dabei keine Klimax, sondern verbleibt auf einem Niveau, ohne große Ausschweifungen. Fragiles und Kristallines sind Bestandteil der Musik wie auch verwischte elektronische Frequenzen zu einem Klockklock ohne Unterlass. Aus dem Off entwickelt sich nach und nach ein vibrierender Klangteppich bei „The Gynoecium“. Sind da kurzzeitig auch Trommelschlägel auf einem Cajon zu hören, trocken und mit Klongklongklong? „Tinitusgesang“ macht sich für Sekunden bemerkbar. Kaskadierendes Klavierspiel dringt an unser Ohr. Schlagen dazu nicht Klanghölzer aufeinander? Trotz aller rhythmischen Verwebungen ist Melodisches auszumachen. Man könnte sogar von einer gewissen Songhaftigkeit des Stücks reden. Dum-dumdum-dumdumdum breitet sich aus. Dazu vernimmt man Synth-Klänge und ein präpariertes Klavier, oder? Klangrauschen wird zu Klangrausch. Jaulen und Heulen dringt ans Ohr des Hörers. Sphärisches ist mit im Spiel und auch eine Art Windspiel. Tonsilben kaskadieren dazu obendrein.
Nach „Human Hack“ heißt es dann „Annovation“. Der Anfang des Stücks erscheint so, als würde das Trio ein „Klavier-Preludium“ anstimmen. Doch nach und nach drängt sich auch bei diesem Stück elektronischer Klangrausch auf. Verwischungen und „Fellgeschabe“ vernehmen wir. Dazu ergießt sich der Klangstrudel der weißen und schwarzen Klaviertasten. Man meint zugleich, hier werde, das Springen über Trittsteine akustisch eingefangen. Kurzfrequentes Vibrieren wird im nachfolgenden Verlauf Teil des musikalischen Arrangements. Zum Schluss heißt es „Chains“. Doch ein Klappern von Ketten hören wir nicht. Eher meint man Schläge auf Blechdosen vereinen sich mit stark aufgeladenen Klaviersetzungen. Oder sind gar Udus mit im Spiel? Oder sind nun Steel Drums zu hören?. Kurzwelliges und langwelliges Klangspiel vermischen sich. Klangtropfen wird an Klangtropfen gefügt, so der weitere Höreindruck. Im Klavierspiel ist eine gewisse Melodramatik herauszufiltern. Filmszenen aus dem Cinema noir drängen sich bei dem einen oder anderen Zuhörer schlussendlich auf, oder?
© ferdinand dupuis-panther
Info
Line-up
Yiorgos Parisis - piano, electronics
Arian Stechert - drums, electronics
Mark Beumer - bass, electronics
https://greyparis.eu/
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