Eshed / Korten / Biolcati / Kim - A Way Out

Eshed / Korten / Biolcati / Kim - A Way Out

E

Sounderscore Records (SO 003)

Sessions sind in New York durchaus gang und gäbe. Bei einer solchen Gelegenheit trafen sich vor Jahren auch der israelische Gitarrist Yoav Eshed, der aus New York stammende Pianist Lex Korten, der schwedisch-italienische Bassist Massimo Biolcati und der südkoreanische Drummer Jongkuk “JK” Kim. Über die Jahre entstand nach einer Reihe von Sessions eigene Musik, zu der die einzelnen Bandmitglieder beitrugen. Eingeflossen ist diese Musik in das aktuelle Album, das durchaus hier und da Fusion-Charakter hat. Überwiegend hören wir auf dem Album eigene Kompositionen der Bandmitglieder wie „Rogue“ (Massimo Biolcati), „ A Way Out“ (Lex Korten), „The Time In Between“ (Lex Korten) oder „Frog Mode“ und „Piano Rain“ (beide von Yoav Eshed). Darüber hinaus wurde auch ein Titel von Joe Zawinul namens „Young And Fine“ eingespielt. Zu hören ist der Standard „It Might As Well Be Spring“ (Richard Rodgers – Oscar Hammerstein II). Und schließlich verneigt man sich vor dem 2014 verstorbenen kanadischen Trompeter Kenny Wheeler, wenn „Nicolette“ erklingt.

Den Aufgalopp macht das Quartett mit “Rogue”: Vollklang steht am Beginn und ein Klick-Klick- sowie Klack-Klick- und Dum-Dum-Schlagwerk sowie ein beinahe sphärischer Gitarrenklang, der sich im Raum verteilt. Es scheint so, als wolle der Gitarrist uns glauben machen, ein musikalisches Bild für vorbeihuschende Sternschnuppen schaffen zu können. Auch in der Begleitung des eher einsilbig anmutenden Pianisten verharrt der Gitarrist im Sphärischen. Zugleich kann man durchaus auch Bezüge zu Alan Parsons Project entdecken. Verzerrte Saitenwellen dringen ans Ohr des Hörers begleitet von einem beinahe synkopierten Schlagwerkspiel. Kristallines Tastenspiel ist hintergründig auszumachen. Insgesamt erinnert das Stück von der Anlage an Fusion und Jazz Rock, wie er auch im Spätwerk von Miles Davis auftaucht. Das Motto des Albums bündelt sich in dem zweiten Stück namens “A Way Out” . Dabei ist ein prägnantes Tastenspiel auszumachen, das von einem „stolpernden Bass“ begleitet wird. Fein gestimmt ist das Saitenspiel des Gitarristen. Da meint man an verschiedenen Stellen stilistisch John McLaughlin herauszuhören. Zugleich gibt es auch Passagen, die durchaus auf einer akustischen Gitarre ansprechend klingen würden, wenn auch Yoav Eshed E- Gitarre spielt. Wollte man dessen Gitarrenspiel bildlich beschreiben, so fielen Begriffe wie Wellental und Wellenkämme, Ebbe und Flut. Das „Gezeitenspiel“ nimmt der Pianist Lex Korten auf, wenn er solistisch an der Reihe ist. Doch seine Wellenbilder sind aquarelliert, verlaufen in sich, sind nicht so ausladend wie die, die  das Spiel des Gitarristen signalisiert. Nur kurz ist das Zwischenspiel des Drummers, der die Felle seiner Trommeln hart gespannt hat. Sie schwingen kaum nach. Es ist eher ein Plock-Plock, das wir vernehmen.

Zarte Regentropfen gepaart mit dicken Tropfen prasseln in “Piano Rain” auf den Hörer nieder. Dazu tragen Pianist und Bassist entscheidend bei. Nieselregen scheint in Starkregen überzugehen. Wasser scheint aus den Regenrinnen überzulaufen. Strudel und Bäche bilden sich auf dem Asphalt und dem Plaster. Mit kurzen Schritten, so suggeriert es der Pianist, eilen die wenigen Passanten in die Hauseingänge, um sich vor dem Regen in Sicherheit zu bringen. Ist da im Verlauf des Stücks nicht auch von der Aufklarung der Regenfront die Rede? Man könnte es angesichts des quirligen Spiels des Pianisten denken. Suggeriert er nicht, dass die Sonne zaghaft durch die Regenwolken bricht? Lässt man der Fantasie freien Lauf, könnte man das annehmen.

“Young and Fine” wurde von Korten für das Quartett extra arrangiert. Dabei lässt sich die Gegenwart der Handschrift von Joe Zawinul nicht verleugnen. Frühlingshaft ist die Klanggouache, die wir präsentiert bekommen. Sehr hörenswert ist das Spiel des Gitarristen, das zum Teil an den Klang von Oboe und Fagott denken lässt. Auch der Klang einer Wurlitzer-Orgel scheint nicht fern zu sein. Sehr hörenswert ist das Bass-Solo, in dem der Bassist nichts von der üblichen Trägheit des Tieftöners an den Tag legt.

Durch ein redundantes rhythmisches Bass-Setting zu ausschweifenden Gitarrenschlieren ist das Arrangement des Standards  “It Might As Well Be Spring” geprägt. Leitinstrument ist auf alle Fälle die Gitarre, gespielt von einem Gitarristen, der sich auch auf den Swing versteht. Zugleich taucht der Hörer in die Welt des Broadways und des Films ein. Geschrieben wurde das Stück, das auch Frank Sinatra im Repertoire hatte, für den Film „Jahrmarkt der Liebe“.  Schließlich noch ein Wort zu “Nicolette”. In langsamer Walzer-Setzung kommt das Stück daher. Der Gitarrist steht dabei im Fokus des musikalischen Geschehens. Er ersetzt auch Wheelers thematische Stimmführung des Originals. Dabei agiert der Gitarrist weitgehend solistisch. Nur ab und an ergießt sich ein kleiner Tastenschwall, vernimmt man den erdigen Klang des Basses. Im weiteren überlässt der Gitarrist dem Pianisten das Thema. Und auch der Bass darf sich des Themas annehmen und mit zartem Saitenschnarren umsetzen. Doch irgendwie fehlt schon das Hornspiel von Wheeler, oder?

© fdp


Infos

Line-up

Yoav Eshed – Guitar / https://www.yoaveshed.com
Lex Korten – Piano / https://www.lexkorten.com
Massimo Biolcati – Bass / https://www.massimobiolcati.com
Jongkuk Kim – Drums /

https://www.sounderscore.com/releases/incontre


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