ELG Elin Larsson Group: Growing up
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Playing with Music PWM 10
Angekündigt wurde die vorliegende Veröffentlichung als eine Kreuzung von Jazz, Rock, Pop, freiem Spiel und Folklore. Doch was ist eigentlich mit dem Storytelling? Auf der CD-Klappe heißt es aus dem Mund der jungen Saxofonistin Elin Larsson: „Es gibt so viele Dinge, von denen ich erzählen könnte, alles bezogen auf die Songs des Albums. Doch diesmal werde ich nichts erzählen. Die Songs sollen einfach aus sich heraus sprechen.“
Also stehen doch Geschichten hinter Kompositionen von Elin Larsson wie 'Prayer', Growing Up' – so auch der Titel der aktuellen Einspielung – oder 'Monster'. Doch wir müssen diese Geschichten uns selbst ausdenken und erzählen. 1984 wurde Elin geboren und bereits mit 14 Jahren spielte sie Saxofon. Dieses Instrument war ihr wie auf den Leib geschneidert. Mit 20 konnte sie die Königliche Musikakademie in Stockholm besuchen. Fünf Jahre nach dem Studienbeginn präsentierte sie der Öffentlichkeit ihr Debütalbum 'Live and Alive'. Für diese erfolgreiche Veröffentlichung erhielt sie den Swedish Jazz Radio Award ”Newcomer of the year 2010”. Im gleichen Jahr war sie die erste Tenorsaxofonistin im renommierten European Jazz Orchestra. Seither geht die Karriere von Elin steil bergauf. Sie war und ist auf verschiedenen Jazzfestivals zu hören, auch beim Jazzfestival Münster 2015.
Zu ELG – kurz für Elin Larsson Group – gehören neben Elin der Posaunist Kristian Persson, der Gitarrist Henrik Hallberg, der Kontrabassist Niklas Wennström und – last but not least – der Schlagzeuger Johan Käck. Sie lassen uns die Ohren für Swedish Jazz abseits von Nils Landgren und Lars Danielsson spitzen. – Kennt noch jemand die Bands „Chicago“ und „Blood, Sweat and Tears“? Nein, das macht auch nichts, denn jetzt gibt es ELG mit frischem „messingfarbenem Jazz“, der von den Saxofonklängen und den Posaunenströmen lebt, stets unterbrochen vom melodisch-lyrischen Spiel der Gitarre. Doch unüberhörbar sind die Bläser, auch wenn nur zwei Musiker der Band bildlich gesprochen ins „Horn stoßen“. Vielleicht kann man es auch Jazz Rock nennen, was das Quintett uns zu Gehör bringt. Ohrenschmaus ist es auf alle Fälle, fernab von langen Improvisationszyklen – und das schätzt der gemeine Zuhörer ohne Frage. Melodiös kann man den Jazz nennen, den Elin komponiert hat und mit ELG aufführt. Dabei gleiten ihre Stücke nie ins Banale ab.
Und das alles einmal endet, ist dabei inbegriffen: Wäre denn sonst der Song 'Endings' das letzte der neun Stücke der aktuellen CD? – Die ersten Takte der CD erinnern beinahe an einen Militärmarsch, auch wenn die getragenen Tonläufe von Saxofon und Posaune nicht so recht schmissig klingen: 'Falling into Pieces'. Irgendetwas zerfällt gerade, doch was und wer kehrt die Scherben zusammen? Doch kaum haben wir uns dem gemäßigten Tempo hingegeben, erwacht die Band, nimmt Tempo im Spiel auf und frohlockt das Saxofon, das Stück für Stück ein feines Solo hinlegt. Dabei wird Elin Larsson von einem nervösen Schlagzeugduktus begleitet. Irgendwann dringen dann auch die Riffs des Gitarristen Henrik Hallberg an das Zuhörerohr. Derweil seufzt und klagt das Saxofon von Elin in einem fort. Schließlich vereinen sich alle Mitglieder der Band und besingen in einem Schlussakkord 'Falling into Pieces'.
Schwermütig erhebt sich die Posaune in ihrem Singsang des 'Monsters'. Largo ist angesagt. Beinahe fühlt man sich an Stimmungen erinnert, die auch die Klassiker des hohen Nordens, Edvard Grieg und Johan Julius Christian Sibelius so schätzten. Getragen ist auch der Saxofonsatz. Die Monster scheinen keine glücklich und fröhlichen Gesellen wie die lustigen Trolle, sondern scheinen eben behäbige Wesen zu sein, die unsere Träume beherrschen und uns heimsuchen. Nur gut, wenn sie nicht gar zu Albträumen werden, auch wenn so mancher schräge Ton von Saxofon und Posaune das nahelegt.
Wie farbenfroher kommt dann 'Slowly Slipping Out Of My Hands' daher, dank sei auch dem Gitarrenintro. Posaune und Saxofon nehmen die Intromelodie auf und dann darf auch Niklas Wennström mal deutlicher am Bass in Erscheinung treten, während im Hintergrund die Melodie auf der Gitarre intoniert wird. Beschwingt setzt dann das Spiel der Gitarre ein, in zarten hohen Tonabfolgen. Man hat nicht den Eindruck, dass es etwas zu bedauern gibt, was da aus den Händen gleitet. Es scheint alles so losgelöst. Doch am Ende hört man gewisse Disharmonie und auch innbrünstige Klagen – man achte auf Saxofon und Posaune dabei.
Irgendwie gerät scheinbar alles aus den Fugen, oder? – Hören wir noch ein wenig genauer zu, wenn 'Growing Up' erklingt: Ist das zu Beginn die Stimme eines Sopran- oder des Tenorsaxofons, das den Melodiereigen eröffnet, zart und beinahe nur gehaucht? Dann, ja dann vereinen sich beide Blasinstrumente zu einem furiosen Klanggemisch, auch wenn sich das Saxofon durch Phrasierungen aus diesem Raumklang wieder löst und die Oberhand gewinnt. Was besingt Elin? Ihre eigene Jugendzeit? Ihre Zeit des Studiums? Ist es ein Lobgesang? – Fragen über Fragen, aber die Antworten müssen wir uns selbst geben. Sei es drum. Ich bin ganz ehrlich, beim Zuhören wurden bei mir Erinnerung an das legendäre United Jazz & Rock Ensemble wach.
'Prayer“ und 'It's Gonna Be Ok' sind weitere Kompositionen von Elin Larsson, die uns mit 'Endings' verabschiedet – bis zur nächsten CD. – Die aktuelle CD ist ein Hörgenuss besonderer Art. Doch wie mag dann wohl erst der Live-Auftritt von ELG sein?
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
Homepage
www.elinlarssongroup.com