Dizzy Mandjeku & Ale Kuma - De Palenque a Matongé
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Zephyrus Rec.
Wir unternehmen auf dem vorliegenden Album eine musikalische Reise aus der Umgebung der Hafenstadt Cartagena, einst berüchtigt für den florierenden Sklavenhandel, bis nach Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo mit einem Zwischenstopp im Brüsseler Viertel Matongé, seit Jahrzehnten das Quartier derer, die aus der ehemaligen belgischen Kolonie ins „Mutterland“ ausgewandert sind. Über die Musik schrieb Simon Broughton in Songlines Magazine: „The guitars sparkle, the sax punches, the marimba bubbles, the percussion and bass create the dance groove and the vocals bring a sunny warmth. It’s super infectious. This is about a diaspora community that has come together to create something totally contemporary but fired by historical connections.“
Zwischen Südamerika, Westeuropa und Zentralafrika
DIZZY MANDJEKU ist ein Gitarrist mit einem sehr bewegten Lebenslauf: Er war in den 1960er Jahren unter anderem künstlerischer Leiter des Orchestre OK Jazz von Franco Luambo, gab verschiedene Soukous-Alben heraus. Nach seiner Umsiedlung nach Brüssel trat er zum Beispiel mit Stromae, Zap Mama und Baloji auf. Übrigens, Soukous ist eine sehr beliebte Tanzmusik im Kongo, die sich aus der kongolesischen Rumba entwickelt hat.
Einer der wichtigen Köpfe der kolumbianischen Musikszene ist LEONARDO GÓMEZ JATTÍN. Er hat sich ganz und gar der afro-kolumbianischen Kultur verschrieben, als Dichter, Komponist und Bassist. Er ist auch der Kopf hinter der Band Alé Kumá, die als musikalische Plattform dient, um verschiedene Künstler nicht nur aus Kolumbien einzuladen, gemeinsam musikalische Projekte zu realisieren. Zweimal schon schaffte es die Band ins Finale des Viña Del Mar Festivals.
Die Sängerin NIDIA GÓNGORA lebt an der Pazifikküste von Kolumbien und hat die Band Canalón de Timbiqui ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Malage de Lugendo, Paola Marquez und Josée Esengo ist sie eine der markanten Stimmen von Palenque Matongé.
Weitere Musiker: MALAGE DE LUGENDO (Congo, vocals ) - PAOLA MARQUEZ (Colombia, vocals) - LAURA NGOMA (Congo, vocals) - LA WEY SEGURA (Colombia, marimba) - TOMS NTALE (Congo, guitar) - CÉSAR MEDINA (Colombia, sax) - EMERIS SOLIS (Colombia, percussions) - ALONZO NZAU (Congo, drums)
Die Covergestaltung ist Houston Maludi zu verdanken, der zwischen 1993 und 97 an Beaux-Arts School of Kinshasa (DRC) studierte und stilistisch von den französischen Kubisten George Braque und Pablo Picasso beeinflusst wurde. Dabei bevorzugt Maludi geometrische Formen und Linien. Die Linie ist dabei das zentrale Element seiner Zeichnungen.
Rhythmus, Rhythmus, Rhythmus
Mit „Canción De Amor Y Muerte“ macht das Album auf, das ein Hohelied auf den Rumba und afrikanische Grooves singt. In dieses stimmt auch das Saxofon ein, das einer Soprangesangsstimme ähnelt. Nachfolgend hören wir Songs wie „La Canoa Ranchá, „Tengo un dolor“, „De Palenque a Matongé“ und „La Pandora“.
Congas und Bombas sind die charakteristischen Rhythmusgeber in „La Canoa Ranchá“. Schnarrend und geschwätzig äußert sich das Saxofon. Lautstark ist es und keineswegs sanft gestimmt. Vorsängerin und männlicher Hintergrundgesang sind im Wechsel mit dem als Refrain konzipierten „Ay, adiós canoa ...“ zu vernehmen. Die Anfangszeile von „Tengo un dolor“ lautet „Ay, madre tengo un dolor dentro del corazón ...“. Spanischkenntnisse sind zwingend erforderlich will man diesen wie auch andere Liedtexte verstehen, denn es findet sich keine Übersetzung ins Englische auf dem Cover des Albums. Von Schmerz kündet nicht nur der Text des Liedes, sondern auch das musikalische Arrangement unterstreicht dies. Sehr fein gesetzt sind die Gitarrenpassagen, gefolgt von den doch recht aufdringlichen Saxofonstimmen.
Ausgelassenheit versprüht „De Palenque a Matongé“. Dabei findet man im musikalischen Arrangement auch einzelne Passagen für Marimba. Doch ganz wesentlich sind der Gesang und die vielfach sehr verspielte und verschlungene Klanglinien vortragende Gitarre. Besungen wird die Gemeinsamkeit von Palenque und Matongé: Friede, Liebe und Arbeit. Auch auf Mutter Erde wird ein Loblied gesungen und zudem Gott gepriesen – im Refrain: „¡Oh, madre tierra! ¡Oh, Jaweh eh!“
Der Schlusspunkt wird mit „A Pilá El Arró“ gesetzt. Neben der südamerikanischen Rhythmik besticht dieser Song auch durch den mehrstimmigen Gesang bzw. Wechselgesang zwischen Vorsängerin und Chor. Dabei werden in sehr kurzen Momenten Erinnerungen an „El condor pasa“ wach, wenn eine Panflöte zu hören ist. Saxofon und Gitarre verwandeln sich bei diesem Stück zeitweilig in „Singstimmen“. Mitreißend sindder „rollende Rhythmus“ und die Gitarrenpassage fernab von Surf Sounds. Vielmehr spielt Dizzy Mandjeku ganz in westafrikanischer Pop- und Rock-Tradition. Ab und an müssen wir beim Zuhören an Ali Farka Touré und Boubacar Traoré denken, oder?
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht Public Commons!
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