Dimitar Bodurov - Solo in Bonn
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optomusic
Der bulgarische, in Amsterdam beheimatete Komponist und Pianist Dimitar Bodurov hat mit dem aktuellen Album sein Soloprojekt realisiert. In einem Sendungstext auf Deutschlandfunk lesen wir über Bodurov: „Das „Köln Concert“ von Keith Jarrett, das in Bulgarien auf Raubkassetten kursierte, bevor das Land sich nach Westen hin öffnete, habe ihm eine nie gehörte musikalische Welt erschlossen, sagt Bodurov. Das sei etwas Neues gewesen, das es im Jazz für ihn vorher nicht gegeben habe. Wichtige Impulse kamen auch durch das – wenngleich kurze – Studium bei dem britischen Jazzpianisten John Taylor.“
Zur Eröffnung hören wir „Zvezda“, gefolgt von „Butch“ und „Moma bega“. „Godini, godini“ wurde für das Soloalbum ebenso eingespielt wie „Butch“, „Jovino“ und zum Schluss „Straight Story“. Alle Kompositionen stammen aus der Feder Bodurovs. Gespielt wurde von Bodurov auf einem nicht präparierten Klavier im Bonner Beethoven-Haus, wo die Aufnahmen live aufgezeichnet wurden. Da sich bis auf zwei Titel, nämlich „Straight Story“ und „Butch“ („Männlich“), alle anderen Kompositionstitel eines Zugangs über die allgemein verständlichen Titel entziehen, bleiben nur assoziative Bilder, um Bodurovs Musik in sprachlichen Klanggemälde umzusetzen.
Bei „Zvezda“ hat man die Vorstellung, dass einzelne Regentropfen aufs Pflaster platschen. Einige fallen auch in einen kleinen Teich. Kreisrund sind die „Aufwellungen“. Dicke Tropfen prasseln dann nach und nach hernieder – die Basshand fängt das ein, so eine der Annahmen beim Zuhören. Fontänen schießen rhythmisch in die Luft, vergrößern sich, verkleinern sich, pausieren – Wasserspiele musikalisch eingefangen ist ein weiteres Bild, das sich bei der ersten Komposition Bodurovs einstellt. Dabei sind klassische Attitüden nicht zu überhören. Aus Regentropfen wird ein Regenguss, ein Sommerregen, heftig und kurz. Autos fahren durch tiefe Pfützen am Straßenrand. Regen klatscht auf aufgespannte Schirme. Das Bild von einem Regenschauer nimmt den Hörer gefangen – oder auch nicht.
Aus den Tiefen entwickeln sich kristalline Folgen. Es klirrt und trällert kurz und heftig. Tiefgründig meldet sich die Basshand, die die weiteren Linien zeichnet. Tonale Strudel präsentiert uns Bodurov, zu einem Malstrom sich entwickelnd, für einen Moment nur. „Moma bega“ ist der Titel der Komposition, die im stetigen Wachsen ist. Aus dem erdigen Bass entstehen Klangwalzen, bisweilen auch im Diskant. Vorstellungen von aufgehenden Knospen setzen sich beim Hören im Kopf fest. Frühlingserwachen scheint eingefangen zu werden. Unter den Händen Bodurovs entstehen zudem klangliche Rinnsale. Obendrein ist ein dunkles Brodeln zu vernehmen. Eine gewisse Sprunghaftigkeit ist Teil des Tastenspiels.
Mit beinahe Wagnerscher Schwere kommt „Godini, godini“ anfänglich daher. Anschließend scheinen Sibelius und Chopin im Geiste anwesend, wenn Dimitar Bodurov die Tasten anschlägt. An das Aufkommen eines Unwetters kann man denken, wenn man dem Stück im Weiteren folgt. Sturmbrausen ist nicht zu hören, eher die Ruhe vor dem Sturm. Dunkle Wolkenbänder lösen sich auf. Graublaue Schlieren ziehen am Himmel dahin, so suggeriert es das Spiel, das durchaus dramatische Setzungen kennt. Wetterumschlag und Himmelsblau mit Schäfchenwolken präsentiert uns der in Amsterdam lebende Pianist auch noch. Es ist ein wahrlich dramatisches Wolkenbild, das da musikalisch entsteht.
Und zum Schluss lauschen wir dann der „Straight story“, also einer wahren Geschichte und keiner Lügengeschichte, tall story: Wird musikalisch eine Parforcejagd vermittelt? Schaut man bei einem Hindernisrennen zu? Galoppierende Sequenzen sind auszumachen. Klangfolgen scheinen sich beinahe zu überschlagen und Purzelbäume zu schlagen. Irgendwie hat das Stück auch etwas von Klamauk. Wäre die Komposition nicht zudem eine angemessene musikalische Begleitung zu einer Neuvertonung von „Modern Times“?
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht Public Commons!
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