Dieter Köhnlein: Ballads from the Basement
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Beginnen wir mit einem O-Ton von Dieter Köhnlein zu dem vorliegenden Album: „20 Jahre nachdem ich mit dem Berliner Saxofonisten Volker Schlott eine Balladen-CD im Duo veröffentlicht habe, setzte ich mich bei dieser neuen Produktion solistisch mit der Ballade auseinander. Ganz auf meine beiden anderen Vorlieben Powerplay und freie Improvisation verzichtend, habe ich versucht, die zarteren Bereiche der Musik auszuloten.“ Warum im Albumtitel von Basement die Rede ist, hängt damit zusammen, dass Dieter Köhnlein überwiegend im Keller arbeitet und lebt, allerdings mit einem Fenster, sodass das Kellerstudio nicht zwangsläufig ein düsterer Verschlag ist, sondern Licht einlässt. Wie Köhnlein dazu anmerkt, sollte man das auch in der Musik hören können.
„Kaspars Fragen“ stehen am Beginn. Wie alle Kompositionen auf dem Album stammt diese Ballade aus der Feder Dieter Köhnleins, der nachfolgend das „Quintisieren“ und „Mi Luna“ thematisiert. Man begegnet musikalisch dem Song „Der Genießer“. „Almost a Song of Love“ steht ebenso auf dem Programm wie „The Line and the Awkward“.
Eher als Schritte auf Fußspitzen oder als das Fallen von Tropfen in einen Teich sind die ersten Takte von „Kaspars Fragen“ anzusehen. Mit dem Verlauf der Ballade geht etwas Verhaltenes und Zögerliches einher. Dabei ist ein Thema im Diskant, begleitet von einer stark akzentuierten Basshand, auszumachen. Zwischenzeitlich überkommt den Zuhörer der Eindruck, er höre ein „Was nun?“ und „Wohin nun?“. Eher scheinen sich die Fragen zu häufen, als dass es darauf Antworten gibt.
Es wäre abwegig von Quinten wie im zweiten Solostück des Albums zu sprechen, wenn diese nicht ein essenzieller Teil der Komposition wären. Das Bild von missgestimmten Glocken drängt sich zu Beginn ebenso auf wie von Kindern, deren Treppensprünge akustisch eingefangen werden. Die legendäre Filmszene eines über Treppenstufen in die Tiefe rasenden Kinderwagens von Sergei Eisenstein mag auch ein visueller Begleiter beim Hören von „Quintisieren“ sein. Zugleich drängte sich dem Berichterstatter im Bild eine Wasseramsel auf, die geschickt von Stein zu Stein hüpft, derweil der Bach zu Tal rinnt.
„Der Genießer“ scheint in den Augen des Pianisten Dieter Köhnlein ein Mann, der es langsam angehen lässt, der erdverwurzelt den Alltag begeht und nur hier und da mal kurz die Bodenhaftung aufgibt und sich einem verwegenen Tralala hingibt. Kontemplation schein die Passion des Genießers, lauscht man der Ballade im weiteren. Der Ballade wohnt auch etwas von Aufbruch inne, auch von Bruch mit dem Winter, von frischem Grün, von ersten warmen Sonnenstrahlen. Zugleich scheint zudem ein wenig Blues in die Ballade eingewoben worden zu sein.
Welch ein Titel „Unreleased Soundtrack“! Auch diesem Song ist etwas In-Sich-Ruhendes und Erdverbundenes beigegeben, was gewiss auch an der ausgeprägten Basslinie liegt. Zugleich sieht man das Fallen verfärbter Blätter im Herbst vor dem geistigen Auge. Akustische Wolkenbänder ziehen vorbei, ein frischer Herbstwind ist im Gesicht zu spüren, tanzende Drachen halten sich in der Luft, Nieselregen setzt ein – das ist ein Bild, das man außerdem zur Musik malen könnte.
In „Almost A Song Of Love“ ist kein Schmachten und kein Verzehren, sondern eher ein vergeblicher Kampf um die Liebe zu sehen, die so fern erscheint, so unerreichbar. Beinahe schwermütig erscheint der Song obendrein. Mit „The Line and the Awkward“ beschließt Dieter Köhnlein die solistische musikalische Erzählkunst, die Balsam für die Seele ist.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Dieter Köhnlein
http://dieter-koehnlein.de/