De Groote-Faes Duo: Symphony For 2 Little Boys (f. dupuis-panther)
D
elNEGOCITO Records
Was passiert, wenn ein Gitarrist, der in allen Facetten der Rockmusik bewandert ist, auf einen Kontrabassisten trifft, der die Klassik, den Tango und den Jazz im Blut hat? Keine Frage, dann entsteht eine sehr würzige Melange, bei der auch mal hier und da Blues, Rhythm n' Blues und der Instrumentalrock von The Ventures schwach durchscheinen. Zugleich aber ist eben auch die Klassik gegenwärtig, vor allem in den gestrichenen Basspassagen wie in „De Eenzame Treurwilg“ („Die einsame Trauerweide“). Dabei kann man sich nicht der Melancholie erwehren, die durch die Basspassagen evoziert werden. Edvard Grieg scheint dabei auch ganz nahe zu sein, auch wenn der spielerische Gitarrenklang die schwermütige Stimmung aufhellt. Für Momente meint man gar, man lausche einer sehr ausgereiften Etüde. Besonders gelungen ist das Wechselspiel zwischen dem tieftönig gefärbten akustischen Bass und der der feintönigen, teilweise sehr zart gezupften E-Gitarre. Insgesamt scheint mir das Stück eine romantische Anmutung zu besitzen. Beim Hören denkt man vielleicht an die romantische Malerei eines Caspar David Friedrich mit seiner Vorliebe für solitäre Bäume mit und ohne Schnee, im Riesengebirge oder auch anderswo.
Die Mehrzahl der Kompositionen auf dem Album entstammen der Feder des Bassisten Ben Faes, so unter anderem „Fermeture“ und „Manifesto“. Bruno De Groote ist unter anderem für die Gestaltung der Stücke „Endormi“ und „Help (I Need it)“ sowie „La Bataille“ („Die Schlacht“) verantwortlich.
Aufgemacht wird das Album mit „Le Métropolitain“ (comp. Ben Faes). Ist das als Statement dafür zu nehmen, dass die Musik eine durch und durch urbane Note besitzt? Man muss es wohl annehmen. Auch wenn die „Trompetenlyrik“ – Dave Douglas spielt sein Instrument mit Dämpfer – den eigentlich eher rocklastigen Klangfluss durchaus beschwingt und auch ein wenig mit „orientalischem“ Flair, verfremdet, so sind die rockigen Elemente in „Manifesto“ nicht zu überhören. Dass dabei auch Erinnerungen an Mark Knopfler und The Ventures aufkeimen, scheint wohl eher Zufall zu sein, oder?
Auffällig ist, dass das Duo De Groote-Faes durchaus Tanzbares zu Gehör bringt. Im Jazz war ja Tanzen zu Jazz spätestens beim Aufkommen von Bebop ein Tabu. Erst mit der „Aufweichung“ des Genres Jazz hin zu Fusion und Rock trat ein gewisser Wandel ein. Diesem Wandel hat sich m. E. auch das Duo De Groote-Faes verschrieben.
Geschosseinschläge scheint De Groote mit Gitarrenriffs zu Beginn von „La Bataille“ einzufangen. Zugleich vermeint man, neben diesen harten Einschlägen auch ein Heulen von Sirenen zu vernehmen. Zur gesamten Dramatik des Stücks trägt auch der gestrichene Bass bei, der nichts Gutes verheißt. Das Inferno scheint präsent, der Höllenschlund im übertragenen Sinne sichtbar. Schwirren da nicht ständig weitere Geschosse durch die Gegend – dank sei der verzerrten, wimmernden, vibrierenden Gitarre in den Händen von Bruno De Groote? Selbst an das Geräusch von Stalinorgeln kann man sich beim Zuhören erinnert fühlen. Zwischendrin gibt es auch noch Requiem-Anmutungen, dank an Ben Faes.
Hat nicht der Beginn von „Les Lunes“ eine harmonische Nähe zu „Eleanore Rigby“? Selbst wenn dem so wäre, diese Nähe ist nach weiteren Takten schnell verflogen. Kurze Klangkaskaden folgen aufeinander, ehe sich ein Klangbild aufdrängt, das die Weiten Lapplands und der Finnmark einfängt, zugleich auch das in Grünschlieren daherkommende Nordlicht. Bei der Komposition „Endormi“ setzt neben den beiden Musikern Bruno De Groote und Ben Faes noch Dave Douglas an der Trompete besondere Akzente. Dabei lauscht man einer im Ansatz sehr sanft gespielten, lyrischen Trompete, die eben nicht rotzig-frech oder „ätzend“ daherkommt. Die Trompetenpassagen scheinen schwerelos über den harten Zäsuren des Gitarristen Bruno de Groote und den dumpfen „Schlägen“ des Kontrabassisten Ben Faes zu schweben. Es scheint, als ob die beiden Duopartner das Erdigen repräsentieren, Dave Douglas hingegen das „Himmlische“. Sehr poppig erscheint „Help (I Need It)“. Das mag auch am Gesang liegen und an der sehr ohrschmeichlerischen Melodielinie. Hier und da mag man sich auch den einen Beatles-Song erinnert zu fühlen. Der Rezensent dachte zum Beispiel an „Blackbird“, aber das mag jeder für sich selbst einordnen. Nicht mit einer klassischen Ballade, aber dennoch mit einer Ballade namens „Ballade Mignonne“ wird das sehr überzeugende Duo-Album abgerundet.
Wer den beiden Musikern, Ben Faes am Bass und Bruno De Groote an der E-Gitarre, Eklektizismus unterstellt, der scheint mir über das Ziel hinauszuschießen. Gewiss, kein Musiker ist ein unbeschriebenes Blatt und das weiße Blatt, das vor einem Komponisten liegt, wird sicherlich auch mit Hörerfahrungen gefüllt, die der Einzelnen mitbringt. Es wäre ja aberwitzig, würde man denken, dass die Geschichte der Klassik, des Jazz und des Rock und Pop keinen Einfluss auf die Musikergeneration von heute hat. Sich aus dieser zu bedienen, ist nicht abwegig. Man muss es nur verstehen, eine musikalische Collage zu schaffen, zu der man als Musiker selber eine Beziehung hat und mit der man sein Publikum erreichen kann. Und Letzteres ist bei dem Duo De Groote-Faes gewiss der Fall.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Musiker
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