De Beren Gieren: The Detour Fish
D
Clean Feed
Das Trio mit Fulco Ottervanger (piano), Lieven Van Pee (bass) und Simon Segers (drums) hat sich für das vorliegende Album noch die portugiesische Trompeterin und Flügelhornistin Susana Santos Silva mit ins Boot geholt.
Dabei liegt ein Konzeptalbum vor, das sich inhaltlich mit den Strömen und Flüssen beschäftigt, in denen Wildlachs und Forellen zu Hause sind. Insgesamt wurden acht Kompositionen eingespielt. An ein glitschiges Flussufer entführt uns die Band aus Gent ebenso wie zum Tanz der Forellen. Mit De Beren Gieren erleben wir einen tosenden Fluss und genießen ein lecker zubereitetes Mahl (mit Fisch).
Vergegenwärtigt man sich Teile des vorherigen Albums „Raveling“ und der aktuellen, dann kommt man nicht umhin festzustellen, dass die Wurzeln des Trios auch und gerade in der europäischen Klassik liegen, wenn auch ihre Musik im weiteren sehr stark von Minimal Music und Neue Musik geprägt zu sein scheint. Beim Zuhören hat man den Eindruck von Kammermusik einerseits und freier Musik und Improvisation andererseits.
Die Eröffnungskomposition „Slow Garnish“ beginnt verhalten. Nur das Piano ist anfänglich zu hören. Hier wird eine Taste niedergedrückt und dort eine weitere; Saiten werden mit den Fingern gegriffen. Die Trompete kommt mit schwirrenden und gequälten Klangfolgen daher. Das „Zweifinger-Spiel“ des Pianisten hält derweil an. Große und kleine Becken werden ins volle Schwingen gebracht. Ein steter Melodiefluss scheint unerwünscht. Beinahe hat man den Eindruck, dass vier Individualisten nebeneinander agieren. Doch welche Überraschung: zur Mitte des Stücks entsteht aus dem „Chaos“ eine geordnete Melodie, die jedoch nach kurzer Zeit wieder konterkariert wird. Wie bei einer Rezeptur meint man zu vernehmen, welche Zutaten erforderlich sind, die jedoch erst am Ende ein Ganzes ergeben.
Die Stimme als Klanginstrument und nicht im Sinne von Liedgut ist bei „Weirs“ zu vernehmen. Ein gestrichener und elektronisch verzerrter Bass agiert im Hintergrund, oder? Tieftönig lässt sich das Piano vernehmen. Herrscht Stau am Wehr? Doch dieser scheint sich aufzulösen, und das Wasser wieder stetig zu fließen, lauscht man dem Fortgang des Stücks. Perlend-fließend sind die Tonfolgen, die Fulco Ottervanger seinem Tasteninstrument entlockt. Aufgeregt erscheint die Trompete, die Susana Silva Santos spielt. Irgendwie scheint durch Treibgut schon wieder ein Stau am Wehr entstanden zu sein. Oh, ist das ein Glockenschlag einer tieftönigen Glocke als großes Finale? Nein, nur das Klavier mit seinen Basstasten.
Beinahe wie ein Choral oder eine Motette mutet der Tanz der Forellen an, beginnend mit einem Bläsersolo, bedächtig und zart. Im Hintergrund agieren Bass und Schlagwerk sowie Klavier als dezente Begleiter. Richtig ausgelassen scheinen die Regenbogenforellen nicht durchs Wasser zu huschen. Es hört sich eher nach langsamem Umkreisen, nach einem vorsichtigen Vor und Zurück an. Doch wenn die perlenden Klavierläufe zu hören sind, dann denkt man doch an einen Schwarm von Forellen, der einen Flusslauf hinab schwimmt.
Ein Mann scheint sich am feuchten und rutschigen Flussufer kaum halten zu können, meint man aus der Musik von „Slippery Man“ heraushören zu können. Mit kleinen Schritten versucht er, den Fall zu vermeiden. Das zumindest scheint Fulco Ottervanger mit seinen Klaviersequenzen zu suggerieren. Doch die Gefahr des Sturzes und Falls ins Nass ist stets noch gegeben, so signalisiert es der schrill-bunte Klangteppich der Trompete. Derweil fließt der Fluss stetig dahin, mal schneller und mal langsamer, mal als Wildwasser mit Strudeln und kleinen Kaskaden, mal mit kleinen Wellen und aufspritzendem Wasser, wenn ein Fels im Wasser umschifft wird. Beim Klang der Musik könnte man aber auch ans Flößen von Holz denken und nicht so sehr an einen taumelnden Mann am hohen Flussufer.
Weiter geht es mit „Battle of Fishself“ und zum Schluss sind wir in tosendem Wasser gefangen, wenn die Band „Under Swirling Waters“ anstimmt. Irgendwie klingt das Stück nach aufziehender Gefahr und Bedrohung. Doch diese löst sich nach und nach auf; der Mahlstrom legt sich.
Für mich erzählen De Beren Gieren spannende Geschichten, Geschichten vom Fluss, und man darf gespannt sein, was sie mit dem neuen Album „One Mirrors Many“ - es soll im September 2015 erscheinen - erzählen werden.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
De Beren Gieren
http://www.deberengieren.be/
http://www.deberengieren.be/#!/EN/Video
http://www.youtube.com/user/DeBerenGieren