David Thomaere Trio: Crossing Lines
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W.E.R.F.134
Auf dem Debütalbum des Pianisten David Thomaere hören wir am Schlagzeug Antoine Pierre und am Kontrabass Felix Zurstrassen. Als Gäste kamen der Tenorsaxofonist Steven Delannoye und der Trompeter Jean-Paul Estiévenart hinzu. David Thomaere gewann 2013 den renommierten Toots Thielemans Award for ‘Jong Talent’. Nun liegt ein weitgehend von lyrischem Spiel geprägtes Album vor. Zwei der zehn Kompositionen auf dem Album stammen nicht von Thomaere, sondern im Fall von „Default“ von Atoms For Peace und bei „Lions Mouth“ von Balthazar.
Nicht recht stimmig ist das Cover: Zwar sieht man einige senkrechte Linien, an denen die Buchstaben des Albumtitels hängen, aber von gekreuzten Linien kann nicht die Rede sein. Da hätte man sich grafisch etwas anderes einfallen lassen müssen.
Wenn auch bei David Thomaere auf dem Albumcover lediglich Piano als Instrument angegeben wurde, so scheint er aber auch Rhodes zu beherrschen. Zumindest bei „Dancing with Miro“ schweigt das Piano und wummert das Rhodes. Zudem sind der Tenorsaxofonist Steven Delannoye und der Trompeter Jean-Paul Estiévenart gemeinsam und auch solistisch beim Tanzvergnügen dabei. Überaus bunt gestimmt ist diese Komposition, bei der man sich tatsächlich Tanzschritte und Schwünge vorstellen kann, insbesondere bei den bewegten Phrasierungen der beiden Bläser. Bisweilen hat man sogar den Eindruck von gegenläufigen Bewegungen, wenn man den Läufen von Delannoye und Estiévenart lauscht. Auch Zwischenschritte kann man dabei ausmachen.
Wer an „Barcelona“ denkt, denkt ans gotische Viertel und an die Ramblas, außerdem an ein ausschweifendes Nachtleben. Doch Thomaere hat mit seinem Werk eher die Kontemplation im Sinn. Er nimmt uns mit seinem lyrischen Spiel auf einen beschaulichen Bummel durch Barcelonas Gassen mit. Die Hektik scheint dabei außen vor zu bleiben. Schauen wir da gerade verliebten Paaren zu? Spielen da nicht einige Kinder Hopse? Derartige Bilder drängen sich im Verlauf der Komposition auf. Die Basslinie des Klavierspiels ist nicht stark ausgeprägt. Dennoch pflegt Thomaere ein sehr akzentuiertes Spiel, das sich nicht in belanglosem Tongeplätscher verliert.
Nicht aus der Feder von David Thomaere stammt, wie bereits oben ausgeführt, „Default“. Das klassische Piano ist am Anfang nicht zu hören, sondern wiederum ein Rhodes welcher Art auch immer. Mittels des Rhodes breitet der Bandleader und Komponist David Thomaere einen flauschigen Klangteppich aus. Es beschleicht den Zuhörer der Eindruck, dass Thomaere sich durchaus bei „Tubular Bells“ einiges abgeschaut hat. Nach der sphärisch anmutenden ersten Hälfte der Komposition greift David Thomaere schließlich auf die weißen und schwarzen Tasten eines Klaviers zurück. Perlendes Tonwerk ist zu hören, das hier und da auch die Klassik durchscheinen lässt. Hört man weiter zu, dann drängen sich auch Vergleiche mit Alan Parsons Project auf, wenn auch nur für Bruchteile von Momenten.
„Alive“ ist wirklich eine lebendig strukturierte Komposition, die nach hier und dort, nach heute und morgen klingt. Weitgehend wird die Klangpalette des Stücks durch das Piano geprägt. Bass und Schlagwerk machen über weite Strecken Pause. Beim Zuhören denkt man spontan an Aufbruch, Winterende und Frühling. Das Eis bricht, der Schnee schmilzt, und die Tage am Kamin sind vorüber. Das Leben steuert einem neuen Höhepunkt zu – so einige spontane Eindrücke.
Nicht nächtliche Albträume, sondern ein nächtlicher Wunsch steht am Ende des Albums. Die Töne der weißen und schwarzen Tasten verschmelzen. Dazu gibt es ein zartes Schlagwerk – dank sei Antoine Pierre. Der Bass drängt sich nie auf, sondern bleibt im Hintergrund und überlässt dem Klavier den Bühnenrand.
Man darf auf weitere Kompositionen aus der Feder des noch recht jungen Pianisten David Thomaere sein. Wer sich für das klassische Jazztrio begeistern kann, der greife unbedingt zu und erwerbe dieses Debütalbum.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
De Werf
http://www.dewerfrecords.com
Musiker
David Thomaere
http://www.davidthomaere.be