David Arthur Skinner - Skinner plays Skinner
D
Losen Records LOS 171-2
Alle Tracks des Albums stammen, wie angesichts des Albumtitels zu erwarten, von David Arthur Skinner. Skinner spielt also nicht wie sonst bei Alben von Pianisten bekannte Standards, die ja einen großen Teil des Jazz ausmachen, sondern eigene Kompositionen, die dennoch ihre Wurzeln, auch im Great American Songbook, nicht verleugnen können. Hören wir dazu Skinner selbst: „I have been writing my own “standards” for many years; that is to say, writing pieces which can be approached from several angles – by anybody – without the essence of the music being lost. The pieces all exist within a framework of functional harmony and fixed structure, and I’ve played most of them with many other musicians in various settings, from jazz clubs to dance events. In this CD, the idea is to interpret my own jazz compositions in a new way, almost as if they were not mine.“.
Die Liner Notes stammen vom Komponisten selbst und sind in der Innenklappe der CD-Hülle zu finden. So hat nicht eine dritte Person Mutmaßungen zu den Kompositionen angestellt, sondern man erfährt aus erster Hand, welche Bewandtnis es zum Beispiel mit „Diagonal Rag“ hat. Ragtime ist weitgehend ausgeklammert, auch wenn Harmonien und Energie durchaus auf diese Spielform verweisen. „Here I play it mainly in 5/4, and the ragtime feel is almost completely lost ...“, so der O-Ton!
Zu hören sind auf dem Album „Diagonal Rag“ und „David's Blues“, aber auch „At Home“, „Half an Arthur“ und zum Schluss „Ert“.
Durchaus mit klassischer Attitüde ist „Diagonal Rag“ angelegt. Hier und da scheint der typische Ragtime durch, allerdings von Skinner nicht als Muster, sondern quer gestrickt. Auffallend das sehr energiegeladene Spiel des britischen Pianisten, der in Norwegen lebt und lehrt. Wollte man ein Gemälde zu dieser Komposition malen, so müsste man eine Reihe von Kaskaden auf der Leinwand ebenso festhalten wie konzentrische Wellen. Auch wenn die Basshand gelegentlich sehr dominant ist, dem Ragtime-Timing verweigert sie sich konsequent. Nachfolgend präsentiert uns David Skinner seinen Blues, ganz jenseits von allzu bekannten Bluessongs wie „St. James Infirmary Blues“ oder „I got my mojo workin'“. Skinners Blues scheint eher in Richtung Balladenhaftes zu tendieren. Bisweilen musste der Rezensent aufgrund der Harmonien von Skinners Blues an Billie Holiday und deren Songs wie „The Man I love“ oder „Strange Fruits“ denken.
Von der Dynamik her muss man konstatieren, dass „Antipodology“ durchaus Nähen zum Ragtime und Boogie Woogie aufweist, ohne gänzlich in deren Fahrwasser zu schwimmen. Sehr ausgeprägt ist das Spiel der Basshand, derweil die andere sich ausgiebigen Tastengaloppaden verschrieben hat. Getragen, auch mit ein wenig Melancholie in den Harmonien, kommt „At Home“ daher. Wie dem O-Ton Skinners zu entnehmen ist, entstand diese Komposition in der Tat Zuhause. Das scheint eine Selbstverständlichkeit, doch Skinner erinnert mit diesem Song auch daran, dass es Tausende und Abertausende auf diesem Planeten gibt, die eben kein Zuhause haben. Ein gewisser romantisierender Einschlag ist m. E. dem Song eigen, sodass man an einen lauschigen Winterabend mit prasselndem Kaminfeuer denken kann, wenn man mit geschlossenen Augen der Melodielinie folgt.
Skinner, so scheint es, hat Vorlieben für Wortspielereien, so bei „Half an Arthur“. Ja, mit zweitem Namen heißt Skinner Arthur. Die Hälfte von Arthur ist „Art“ gleich „Kunst“! Hört man da nicht ein wenig Plink, Plank, Plonk – Monk? Aber was hat das alles mit „Kunst“ zu tun? Zugleich muss man konstatieren, dass diese Komposition überaus swingt, was ja nicht bedeutet, Benny Goodman sei präsent! Nach „Disconnect“, bei dem man den Eindruck gewinnt, das Stück entwickele sich auseinander, folgt zum Schluss „Ert“, abgeleitet von „inert“ (dt. träge), aber im Englischen nicht existent, um „nicht träge“ zu bezeichnen. Doch, so Skinner wäre das doch nur allzu logisch. Quirlig ist das Spiel Skinners im vorliegenden Fall. Die Tonfolgen purzeln, überschlagen sich, scheinen Ausgelassenheit zu umschreiben. Um ein Bild zu zeichnen, müsste man die Schneeschmelze wählen, wenn das Eis der Bäche bricht und der rasende Fluss des Wassers zu sehen ist, auf dem ein Ast treibt.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
http://www.losenrecords.no
Musiker
http://www.davidskinner.net