Daniel García Diego Trio – Samsara
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Self produced
Der Pianist Daniel García Diego, geb. 1983 in Salamanca, studierte am Konservatorium Castilla y León im Fach klassische Klaviermusik. Danilo Pérez, der aus Panama stammende Pianist und Grammy-Preisträger, war sein Lehrer und Mentor am Berklee College of Music in Boston. Dieser ebnete ihm auch den Weg in die Welt des Jazz.
Gemeinsam mit Reinier Elizarde „el Negron“ (acoustic bass) und Michael Olivera (drums, percussion) gründete er sein Trio, das das vorliegende Album eingespielt hat. Die Vokalisten Alana Sinkëy und Mariola Membrives ergänzen das Trio mit Gastauftritten. Zu hören sind Kompositionen Garcías wie „Manifesto“, „Travesuras“, „Samsara“, „Recuerdos“, „Rezo“ oder „Juego de niños“ und „Vengo de moler“.
Die Fachpresse ist voll des Lobes, so ist in „Concerto“ Folgendes zu lesen: "García blurs the limits between spanish music and expressive posibilities of jazz piano." Und auf der Homepage des Pianisten lesen wir: „"Flamenco and jazz are brothers. … They have some essential things in common: self-expression, a total engagement at the instant of making music, plus the deep experience of the moment".
Doch in der Musik von García ist mehr als Flamenco. Bereits bei „Manifesto“ hat man den Eindruck, es werde eine Melange aus Hirtengesang, sprich Folklore, Jazzattitüden und Flamenco präsentiert. „Travesuras“ besticht nicht nur durch die Gesangsstimmen, sondern auch durch die Tastenkaskaden Garcías, die auch das Balladenhafte einfangen. Jazzvokales ist zu vernehmen, ganz im Stil von Broadway-Songs. Doch es überwiegt, das versierte Spiel von García, der auch kristalline Formen beherrscht und dabei immer wieder den Diskant ausreizt. Dazu gesellt sich das Lautmalerische einer der Sängerin, deren Stimme instrumental zu begreifen ist und so auch im Gesamtwerk einen Platz hat. Der Stimmfluss strömt über den akzentuierten Tastensetzungen.
Sehr lyrisch ausgeprägt ist „Oniria“. Gewischte Felle vereinen sich mit Glockenschlag und den fließenden Linien, die den schwarzen und weißen Tasten entlockt werden. Orientalisch muten die Gesangspassagen hier und da an. Sind da nicht auch Anlehnungen an Gregorianik zu entdecken? A capella ist auf alle Fälle präsent. Perlend gestaltet García sein weiteres Spiel, dabei auch einem sprudelnden Quellgebiet gleichend, aus dem sich das Nass ergießt und zu einem schmalen Bach wird. Streicher werden zum Schluss noch beigemischt.
In gewisser Weise an Chopins „Nocturnes“ scheint „Samsara“ zu Beginn angelehnt. Erstmals ist auch der Bassist stärker in die melodische Linienführung eingebunden. Romantik pur verströmt die Musik, ohne belanglos zu verwässern. Beim Zuhören fallen dem einen oder anderen Begriffe wie Frühling, Frühlingserwachen, Frühblüher oder Aufbruch ein. Beinahe ins Verspielt-Tänzerische gleitet das Stück im weiteren Verlauf ab.
Bei den ersten Takten traut man seinen Ohren nicht: Smetana oder was? Ja, ein wenig wird man harmonisch an die „Moldau“ erinnert, eine kurze Episode, ehe in „Rezo“ eine der Sängerinnen durchaus in Anlehnung an den „klagenden“ Gesang im Flamenco zu hören ist. Das Getragene in der Klavierbegleitung bleibt allerdings als Konstante bestehen und wechselt sich mit der Gesangsstimme ab.
Spielen bei „Juego de niños“ Kinder nicht „Himmel und Hölle“? Daniel García Diego erweckt mit seinem durchaus energetisch zu nennen Tastenspiel bisweilen den Eindruck. Ungezwungenheit wird ausgedrückt und hier und da muss man an Genremalerei denken, die ausgelassene Bauernfeste einfängt. Bei diesen tollen auch die Kinder herum. Nein, das dumpfe Stampfen der Schuhabsätze auf den Dielen ist bei „Recuerdos“ nicht auszumachen, aber dennoch gewinnt man den Eindruck, dass sich eine Tänzerin anmutig im Raum bewegt, dass Schuhsohlen über die Dielen gleiten, derweil sich die Tänzerin um die eigene Achse dreht – und all die Eindrücke gelingen im Solo von García Diego, der auch in die Saiten seines Tasteninstruments greift und uns eine Art Arpeggio zu Gehör bringt.
Mit „Vengo de moler“ verneigt sich der aus Salamanca gebürtige Pianist vor der reichen Folklore Kastiliens. Dabei vernehmen wir zu feuriger Musik Verszeilen wie „Vengo de moler morena de los molinos de arriba, dormi con la molinera ole lole no me cobro la maquila, que vengo de moler morena. Vengo de moler morena ...“. Dabei geht es nicht nur ums Mahlen, sondern auch um eine Liebschaft und den Beischlaf mit der Müllerin, von dem der Müller nichts weiß.
Text © ferdinand dupuis-panther
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