Clover – Paradigme
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yolk music
Zwei Jahre nach dem letzten Album liegt nun das aktuelle des Trios namens Clover vor. Hinter Clover stehen der Saxofonist Alban Darche, der Bassist Sébastien Boisseau und der Posaunist Jean-Louis Pommier. Sie präsentieren Jazz, der zwischen Kammermusik, Improvisation und Impressionismus changiert. Dabei ist stets auch das Melodische wie auch Organische im Fokus, wenn sich die drei Musiker austauschen. Dass das Trio auf ein Harmonie-Instrument wie das Klavier und ein Rhythmusinstrument wie das Schlagzeug verzichten, tut der Musik keinen Abbruch. Das ist auch nicht notwendig, denn zum Teil übernimmt der Posaunist das Rhythmisieren der Stücke, so auch im Eröffnungsstück namens „Laisse aller“.
Über die tieftönigen Linien des Posaunisten erhebt der Saxofonist seine Stimme, die einem schnellen Wolkenzug gleichend dahinschwebt. Unaufgeregt ist das, was der Saxofonist zum Besten gibt. Das Saxofon folgt einem lyrisch gestimmten Narrativ und wird solistisch vom Posaunisten abgelöst, der seine Phrasierungen anschließt. Dabei werden durchaus hohe Lagen hörbar gemacht, auch wenn die Posaune im Verlauf des Stücks ihre Stärken in tiefen Lagen ausspielt. Beschwingt geht es voran. Bisweilen scheint die Musik auch tanzbar, denkbar für langsamen Swing und Lindy Hop. Irgendwie hat man nicht nur angesichts des Titels der Komposition den Eindruck, es ginge darum, mal alle Fünfe gerade sein zu lassen und sich einem Savoir vivre hinzugeben.
Wechselgesang zwischen dem eher Bass orientierten Posaunisten und dem Saxofonisten vernehmen wir bei „Canevas“. Hier ist das Schnurren der Posaune auszumachen, dort ein glockenheller Klangschlag des Saxofons. Beide vereinen sich in einer Art kammermusikalisch gefärbtem Jazz, der seine Wurzeln in der Musik der europäischen Klassik zu haben scheint. Sehr dezent ist auch in diesem Stück das Spiel des Bassisten, der Saitenklang hier und da unter die Schraffuren der Bläser setzt. Beim Zuhören drängt sich gelegentlich das Bild von wiegenden Ähren, vom Rauschen des Laubs und von lauen Winden auf. Man muss dann auch an impressionistische Landschaften mit einsamen Teichen, Baumgruppen und Solitären denken, oder?
Die Fortsetzung des Konzertanten finden sich „Les anges silencieux“. Ein Föhn des Klangs zieht über den Zuhörer. Weichzeichnungen wie in einer Gouache sind zu erleben. Anmutungen von Dux und Comes, wie wir sie aus der Fuge kennen, sind wahrzunehmen. Stets ist auch die Suche nach dem Melodiösen ganz wesentlich. Anschließend hören wir den Titel „Paradigme“, der auch dem Album den Titel gab. Schließt man die Augen und lauscht dem musikalischen Reigen, dann kann man sich durch die Wellen dahingleitende Jollen vorstellen, die an einem Sommertag mit flirrendem Licht das Wasser durchflügen. Eingebettet in dieses Stück sind auch feine Umspielungen des Saxofonisten, dem der Posaunist auf Schritt und Tritt folgt, ehe beide sich wieder im Thema einfinden.
„Telemann“ lässt aufgrund des Titels allein schon an den Komponisten des Barock Georg Philipp Telemann denken, dem die gesangliche Melodie in seinen Kompositionen ganz besonders am Herzen lag. Auffallend ist bei diesem Stück, dass man beim Spiel des Saxofonisten gelegentlich den Eindruck gewinnt, man höre eine Klarinette. Das sind kurze Momente, aber wesentlicher ist das Zusammengehen von Bassist und Saxofonist, sind die sonor-schnurrenden Läufe, das teilweise Kehlige. Dazu gesellt sich dann die Posaune in ihren erdfarbenen Klangnuancen. Und auch hier erkennen wir den Wechselgesang von „Oberstimme“ und „Unterstimme“. Gewiss das Trio präsentiert keine Fuge im klassischen Sinne, aber durchaus Artverwandtes. Und das knüpft doch an Telemann an, der unter anderem „fugierte Sätze“ komponierte, oder? Und zum Schluss noch ein Wort zu „Winter Song“: Der Bassist eröffnet kurz den „Wintergesang“. Getragenes ist zu vernehmen. Insbesondere beim „Gesang“ der Posaune kann man an dicke niedergehende Schneeflocken denken. Im Duktus zeichnet das Trio das Bild von Winterruhe, von der Gemächlichkeit des Lebens, wenn uns Kälte erfasst, wenn Eiszapfen an den Dachrinnen wachsen und die Gehwege schneeweiß sind.
© ferdinand dupuis-panther
Info
Line-up
Alban Darche — saxophone ténor, compositions
Jean-Louis Pommier — trombone, composition
Sébastien Boisseau — contrebasse, composition
https://yolkrecords.bandcamp.com/album/clover-paradigme