Cameron Pearce Feat. Ingrid Jensen and Symposium Brass – Progression
C
Rattle Records
Für dieses Projekt komponierte Cameron Pearce ausschließlich für Blechbläserensemble und -solisten und ließ sich dabei von Aaron Copland, Kenny Wheeler, Ron Miles, Gabriel Fauré, Steve Reich und The Westerlies inspirieren. Pearce ist Mitglied des Christchurch Symphony Orchestra und Gründer des Symposium Jazz Orchestra. Zudem ist er Lehrender am Ara Institute of Canterbury in Christchurch/NZ.
Zu seinem Album die nachstehenden O-Töne von Cameron Pearce: “The title for this project speaks to my interest in the various aspects of harmony and reharmonisation, where, through various structures and techniques, the same subject or melody can be approached from a range of contrasting angles. Consequently, it’s hard to categorise this music, but that suits me just fine. I am truly grateful to Ingrid Jensen for her invaluable contribution to this project. Her interpretive artistry brought these pieces to life, and I'm honoured to feature her on this album. Thank you, Ingrid, and to everyone who contributed to this album, which I am extremely proud of.”
Ausschließlich Blechbläser hören wir auf dem vorliegenden Album. Das dominierende Instrument im Jazz, das Saxofon, hat keinen Anteil an der aktuelle veröffentlichten Musik. Beim Hören haben wir bisweilen den Eindruck, man lausche einem Kirchenposaunenchor, obgleich gleich drei Trompeter zur Band gehören. Leider ist für einzelne Stücke nicht ausgewiesen, wer von den drei Trompetern - Ingrid Jensen, Cameron Pearce oder Barrett Hocking - in den verschiedenen Stücken soliert. Vom Charakter der Stücke her meint man, dass Cameron Pearce durchaus Anleihen an sakraler Musik, an Chorälen und Psalmen, genommen hat. Das beginnt bereits mit dem Präludium. Auch die Gesamtstruktur des Albums lässt die Vermutung aufkommen, dass ernste klassische Musik und nicht so sehr Jazz die Inspirationsquelle für einzelne, meist als getragen zu bezeichnende Kompositionen bildete.
Und auch höfische Musik scheint mit einigen Anleihen in den Kompositionen auffindbar zu sein. Das gilt zum Beispiel für “Daybreak”. Sorgt in diesem Stück eine Bassposaune oder gar die Tuba für die Bassfärbungen, derweil sich die Melodie, getragen von den übrigen Bläser, als durchaus beschwingt erweist? Herausragend ist dabei die Trompetenstimme, derweil die übrigen Bläser eher für die rhythmische Gestaltung sorgen. Wie gesagt, wer den Solopart als Trompeter übernommen hat, geht aus den Infos, die das Label bereitgestellt hat, nicht hervor. Das genannte Stück wie auch das folgende namens “Horizon” nehmen dabei zudem nicht nur klangliche Färbungen und Momente von Brass Bands auf, sondern von mehrstimmigen Jazzbläserensembles jenseits von Big Bands.
Choralhaft mutet “Apricity” an. Bilder von gotischen Kathedralen als Konzertort drängen sich auf. Aus dem dichten Klangteppich der Bläser wird im Übrigen solistisch einer der Trompeter herausgestellt. Filmmusik oder nicht – das stellt sich beim Hören von “NOLA-by”. Dabei drängen sich dann Bilder von Siedlerkolonnen auf, die den Wilden Westen durchstreifen, lässt man seine Fantasie weit schweifen. Doch zugleich sei angefügt, dass durch die solistischen Einschübe sich der vorschnelle Eindruck verschiebt und man eher an den Jazz der 1950er Jahre denken muss, oder? Es finden sich außerdem zwei Zwischenspiele auf dem Album, das mit “Coda” schließt. Und schon dieser Begriff deutet auf die Referenz zu Kompositionen klassischer Art hin. Fazit: Das vorliegende Werk ist geschlossen, kompakt, aus einem Guss, sehr stark an höfischer und sakraler Musik orientiert, wenn auch das “Interlude #1” gänzlich mit einem Trompetensolo aus dem Ensemblerahmen fällt. Ausschweifend ist das genannte Solo, schwelgt in hohen Lagen, erscheint schwerelos, keck und frisch und nicht so gebunden wie die zuvor genannten Stücke. Das gilt außerdem für das sich an “Interlude #1” anschließende Stück “Intersect”, in dem die Tuba zu vernehmen ist, die gleichsam die klangliche Bodenhaftung verantwortet.
© ferdinand dupuis-panther
Info
https://rattle.co.nz/catalogue/releases/progression
Line up
Ingrid Jensen (trumpet)
Cameron Pearce (trumpet, flugelhorn)
Barrett Hocking (trumpet, flugelhorn)
Scott Taitoko (tenor trombone)
Pablo Ruiz Henao (tenor trombone, bass trombone, tuba)
Joe McCallum (drums, percussion)
Tracks
01 Prelude
02 Daybreak
03 Horizon
04 Apricity
05 NOLA-by
06 Interlude #1
07 Intersect
08 TPO
09 Interlude #2
10 Coda
All compositions by Cameron Pearce