Bram Weijters – Chad McCullough Quartet: Imaginary Sketches
B
W.E.R.F.
Den Pianisten Bram Weijters haben wir bei Jazz'halo bereits mit anderen Alben vorgestellt – siehe Informationen. Er ist Teil einer jungen Generation vielversprechender Jazzmusiker Belgiens. Zu den bisherigen Projekten, an denen er beteiligt war, gehören Dez Mona, Hamster Axis of the one-click Panther, Koen Nys Quintet, Fables of Fungus und sein eigenes Bram Weijters Trio. Für das eigens für das aktuelle Album zusammengestellte Quartett hat sich Bram Weijters mit Musikern der us-amerikanischen West-Coast-Szene umgeben. Unter diesen sind Chad McCullough (trumpet), Chuck Deardorf (double bass) und John Bishop (drums). Eingespielt haben diese Musiker ein „imaginäres Volkslied“ ebenso wie eine „andere dunkle Ballade“ sowie eine brennende Frage. Insgesamt finden sich acht Kompositionen auf dem vorliegenden Album mit dem Titel „Imaginäre Skizzen“. Verwischt und unscharf ist das Abbild des Covers. Es könnte sich um den Marktplatz von Antwerpen handeln oder den einer anderen flämischen Stadt, deren Marktplätze mit Zunfthäusern umgeben sind.
Der Pianist Bram Weijters hat die meisten Stücke des Albums komponiert. Auch der Trompeter Chad McCullough steuerte zwei Kompositionen bei. Beim Zuhören fragt man sich, wieso der Titel des ersten Stücks eigentlich „Imaginäres Volkslied“ heißt. Vom Harmonie- und Melodiebild her changiert die Komposition zwischen einem mittelalterlich anmutenden Schreittanz und einem eingängigen Liebeslied. Regie führt dabei zuerst der Pianist Bram Weijters, ehe dann die Klangmodule der Trompete die Oberhand gewinnen. Weijters Rolle beschränkt sich nachfolgend auf die rhythmisch-melodische Unterfütterung mit einem sehr prägnanten Duktus. Derweil scheinen die Trompetensequenzen wie Wölkchen durch den Raum zu schweben. Zumindest ist das Spiel von McCullough mit ausgesprochener Leichtigkeit beseelt. Gekonnt nimmt Weijters im Verlauf des Stücks das auf, was McCullough seinerseits als Farbnote dem Stück zugefügt hat. Dann, ja dann perlen die Töne und vermitteln das Bild eines sprudelnden Bächleins auf dem Weg ins Tal. Nachfolgend stellt das Quartett eine brennende Frage, „Burning Question“. Furios ist der Beginn dieser Komposition keineswegs, sondern eher verhalten. McCullough spielt eine sehr ausbalancierte, feine Melodielinie mit gedämpfter Trompete. Hintergründig bleiben Bass und Schlagwerk. Auch Bram Weijters agiert eher bedächtig und setzt nur hier und da akustische Zäsuren. Eingebunden in das Stück ist auch ein nervöses Bassgezupfe. Auch dabei merkt man nichts von einer Dramatik, die man angesichts des Titels erwarten dürfte: eine Frage, die unter den Nägeln brennt.
Derjenige, der die surrealistischen Arbeiten von Fernand Khnopff kennt, vor allem seine Brügge-Ansichten, kann einen Bogen zwischen diesen eindrucksvollen Bildwerken und dem Stück „Another Dark Ballad“ spannen. In der Komposition hat man den Eindruck, es seien musikalisch Nebelschwaden aufgezogen, und man höre tippelnde Schritte auf dem Kopfsteinpflaster. Doch die entsprechenden Personen sind im Nebel verborgen. Ab der Hälfte des Stücks ändert sich die Klangstimmung. Die Dramatik reift nach und nach. Das ist jedoch nur ein Intermezzo, ehe eine fast kammermusikalisch eingefärbte Fortsetzung der Ballade zu hören ist.
„Restless“ lautet der Titel der nachfolgenden Komposition. Doch eine Rastlosigkeit kann man weder in Weijters noch in McCulloughs Spiel entdecken. Beschaulichkeit kommt dem Zuhörer bei diesem Stück wohl eher als Assoziation in den Sinn. Alles scheint seinen Gang zu gehen. Man vernimmt kein Gehetze, kein Eilen nach hier und dort, kein Haltmachen und Losrennen, nein, Stetigkeit ist zu vernehmen.
Flott angelegt ist „Speeding“, ganz in Entsprechung des Titels. Wer seine Augen beim Zuhören schließt, der kann sich eine Autofahrt über einen nächtlichen Boulevard vorstellen. Überall glitzern die Lichter der Reklameschilder und der Läden, Bars und Cafés. Nachtklubs machen mit grellen Neonlichtern auf sich aufmerksam. Mittendrin cruisen wir herum und lassen uns bei geöffnetem Verdeck den Fahrtwind um die Ohren wehen. Zum Schluss heißt es dann „Late Night, Long Drive“, wobei Bram Weijters ganz wesentlich die Hörfarben mischt. Hört man das, was er spielt, so denkt man an Nachtschwärmer und die letzten Barbesucher, die schon längst hätten nach Hause gehen müssen. In dieses Milieu taucht auch McCullough mit seiner Trompete ein, und es scheint schon weit nach Mitternacht, ganz unabhängig von Thelonious Monk und „Round Midnight“. Fazit: Es sind sehr gelungene Skizzen, die uns vorgelegt wurden, und zu hören sind mehr als nur Entwürfe, wenn das Quartett aufspielt. Bitte mehr davon!
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
www.dewerf.be
Musiker
Tracks
1.Imaginary folk song
2.Burning question
3.Is that it?
4.Free as poetry
5.Another dark ballad
6.Restless
7.Speeding
8.Late night, long drive