Bram Weijters & Chad McCullough: Feather (Ferdinand Dupuis-Panther)
B
Monks and Thieves MAT001 / ears&eyes Records ee:17-o66
Ein Musiker aus Antwerpen trifft einen Musiker aus Chicago … , so könnte die Geschichte dieses Duos beginnen. Die gemeinsame Arbeit an diversen Projekten floss nun auch in eine sehr intime Formation ein. Außergewöhnlich sind Duos im Jazz nun nicht, aber selten geworden sind sie schon.
Ein weiterer Aspekt des vorliegenden Albums: Das Piano/Rhodes trifft ein Horn, ein Harmonieinstrument trifft auf ein Melodieinstrument, dessen Durchsetzungsvermögen keine Frage ist. In den Liner Notes liest man: „Distance has done little to hamper the creative output of Weijters and McCullough. Though separated by nearly 5,000 Km, they have produced three international releases with their quartet (Imaginary Sketches, Urban Nightingale, and Abstract Quantities - all on the Origin Record Label) and now bring to light a uniquely intimate project, a contrasting piece, that showcases both musician’s subtleties.“
Mit zwei Aggregatzuständen beschäftigt sich das Duo zu Beginn des Albums, mit flüssig und fest, sprich „Fluid“ und „Solid“. Anschließend folgt die Komposition „Ether“, was nicht nur Äther, sondern auch „Himmelsraum“ bedeuten kann. Ob „Different Prelude“ - sehr klassisch-konzertant in der Anlage und im Vortrag, vor allem von Chad McCullough - und „Different But The Same“ eigentlich als Teil einer Suite gedacht sind, an der Bram Weijters arbeitet, kann man beim Hören angesichts der Melodielinien und Harmonieschemen nur vermuten. Neben „ Endless Waiting“ ist auch ein „Endless Lamento“ hören, ehe das Album sehr naheliegend mit dem Titel „Conclusion“ einen runden Abschluss findet.
Zu den Sequenzen der Trompete in dem Stück „Fluid“ stelle man sich das Bild der langsamen Schneeschmelze vor. Tropfen für Tropfen rinnt das Naß von Ästen und Zweigen, aus Schneebrettern werden Rinnsale und kleine Pfützen. Zerfließend ist auch der Spielduktus. Melodielinien gleiten dahin. Es scheint als würde Chad McCullough seinen Trompetenklang wie Nebelschwaden über die Tastensequenzen des Keyboards ziehen lassen, in Bodennähe und bisweilen auch himmelwärts verschwindend. Nachfolgend erleben wir, wie die Komposition „Solid“ angelegt ist: Hört man da nicht eine stete Basslinie, tapsend, schreitend und dazu das Auf und das Ab der Trompetenpassagen? Das hört sich nicht nach erdig und Bodenhaftung an, sondern eher losgelöst, sieht man einmal von der besagten Basslinie ab. Man gewinnt das Bild, dass sich aus „Fluid“ nach und nach „Solid“ herausschält. Hier und da gibt es auch Anmutungungen von Nordic Jazz mit dem legendären Fjord-Sound, der für die menschenleeren Weiten steht, nicht nur die Lapplands und der Finnmark. Ein Stück der Weite fängt Bram Weijters auch ein, wenn er solistisch unterwegs ist. Dabei hat er aber auch immer die Basslinie im Blick. Nein, an ein Narkosemittel erinnern die Harmonien des Stücks keineswegs. Eher ist in dem Stück „Ether“ eine Fortsetzung von „Fluid“ und „Solid“ zu erkennen. Klassisch-konzertant kommen einige Passagen daher, die wir hören vor. Alles ist von Leichtigkeit geprägt, scheint sich zu verflüchtigen.
Ist Alan Parson Project ein Begriff oder Mike Oldfield („Tubular Bells“)? Bei „Different Prelude“ scheint sich eine gewisse Nähe zu den oben genannten Vertretern des Progressive oder Art Rock einzustellen. In einem Interview für Jazz'halo führt Bram Weijters seine Beziehung zu Rockmusik mit folgenden Worten aus: „When I was a teenager I dreamt about it. (laughs) I never gave it up totally because I played alternative rock and pop music until a few years ago and even recently with Hamster axis of the one-click panther. We’ve played a lot with Mauro Pawlowski and he’s originally a rock musician, although he’s into a lot of free impro, too. I am coming from the classical music and he is more rooted into rock. In the end you meet somewhere in between. Rock music never disappeared in my career but I am more interested in improvisation and flexibility. That’s why I don’t fit in a regular rock band. What I really like about rock bands and music is the raw energy.“
Eher sakrale Anmutungen und ein wenig auch die Nähe zu klassischen Etüden verrät die Anlage von „Different But The Same“. Eine stufige, stets wiederkehrende Basslinie vernimmt man bei dem Stück „Endless Lamento“. Diese Basslinie ist mit einer schwermütig ausgerichteten Trompete gepaart. Und wie schaut die Schlussfolgerung aus, sprich der Charakter von „Conclusion“? In diesem Stück scheint nochmals alles vereint zu sein, was auch in den übrigen Titel von „Feather“ angelegt ist, ein wenig Leichtigkeit, Schwermut, Etüdenhaftes, Schwebezustände, Basslinien, auch ein wenig Sakrales, gar Choralhaftes, wenn man diesen Begriff weit genug fasst. Das Album ist aus einem Stück gezimmert, beinahe schon in der Art einer kompletten Suite ausgelegt: ein wunderbares, teilweise meditatives Klangerlebnis! Zeitweilig hatte der Rezensent angesichts des weich-samtenen Klangs vieler Kompositionen den Eindruck, Chad McCullough spiele statt der Trompete ein Flügelhorn. Doch dem ist wohl nicht so.
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
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Musiker
http://bramweijters.com
http://www.jazzhalo.be/interviews/bram-weijters-interview-with-the-piano-player-from-antwerp/
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