Black Flower: Abyssinia Afterlife

Black Flower: Abyssinia Afterlife

B

Zephyrus Records/ De Werf

Betrachtet man das Cover des Albums, so meint man, man werde in die Welt einer Graphic Novel versetzt. Erinnerungen an Darstellungen aus der Flower-Power-Zeit kommen auf. Fantasiewelten bestehend aus bizarren Felsgebilden und merkwürdigen Figuren mit helmartigem Kopfputz sehen wir. Surreale Welten scheinen sich somit aufzutun. Doch was hat das alles mit Abessinien, sprich Äthiopien, auf sich? Irgendwie scheint das Album – als Fusion und Jazz Rock einzuordnen – auch mit dem legendären christlichen Patriarchen der Ostkirche und König Prester John zu tun zuhaben, dem mal Indien und mal Äthiopien als Ort seines Wirkens zugeschrieben werden.

Die Kompositionen des Albums stammen aus der Feder des Saxofonisten Nathan Daems, der auch Flöte und Melodica spielt. Er wurde durch die Musik von Mulatu Astatke, Getatchew Mekurya and Fela Kuti beeinflusst, sodass sich in der Musik die Musik Westafrikas mit Blues, Jazz und den Klängen des Orients mischt. Soul ist auch mit im Spiel und zudem Psychedelic Rock, oder? Am Kornett hören wir den aus Texas stammenden Jon Birdsong, der auch mit dEUS, Flat Earth Society, An Pierle, Liesa Van Der Aa und Koen De Cauter auftrat. Zum ihm gesellt sich der Drummer Simon Segers (u. a. auch De Beren Gieren). Den Bass bespielt Filip Vandebril, auch bekannt durch das Antwerp Gipsy Ska Orchestra. An den Tasten macht sich Wouter Haest zu schaffen, der schon bei Los Callejeros und Voodoo Boogie zu hören war.

Kosmisch beginnt das Album, wenn „Solar Eclipse“ erklingt. Wir unternehmen einen Ausflug in den Dschungel, wenn wir dem „Jungle Dance“ lauschen, erfahren von dem legendären Patriarchen und König Prester John und vom „Abyssinia Afterlife “ am Ende des Albums.

Hm, wie klingt wohl eine „Sonnenfinsternis“? Sphärisch erscheint die Musik in „Solar Eclipse“. Sind es Alto Horn und Tenorsaxofon, die da aufeinandertreffen, ehe der beinahe an House und Techno erinnernde Beat anfängt, und das mehrmanualige Rhodes zu vernehmen ist? Vielleicht ist es aber auch ein Synthesizer, der da in kosmischen Wellen schwirrt. Ein Tutti folgt, und dann geht es mit dem harten Schlagwerkspiel weiter. Dazwischen hört man irgendwoher ein Piep, Piep. Dann gibt’s wieder ein Tutti, gleichsam als Weckruf, gefolgt von einem in Hitzewallung geratenen Saxofon. Und ist da nicht auch ein Kornett mit im Spiel? Tick, tick, tick und tack, tack, tack hört man vom Drummer Simon Segers. Anschließend haucht das Saxofon dem Stück die Seele ein. Auch ein wenig Blues und Afro liegt dann außerdem in der Luft.

In „Upwards“ wimmert, schwirrt und schnalzt die Gitarre des Gastmusikers Smokey Hormel. Dazu legt sich Nathan Daems mit seinem Baritonsaxofon mächtig ins Zeug, durchaus dem Rhythmus und dem Timing verschrieben. Dabei vermisst man den Bass in keiner Weise. Die Musik signalisiert: „Hej, steh auf ...“. In Teilen scheint man zwischen Jazz, Latin, Jazz Rock, Westafrican Rock und Funk gefangen. Hier und da musste der Rezensent an die Gruppe Osibisa denken, zudem auch an Fela Kuti und seine legendären Auftritte. Die Luft scheint vor Hitze zu flimmern und flirren. Downtown Dakar kocht auf, so meint man beim Zuhören. Entfesselt sind die Tänzer in ihren Bewegungen, die man vor dem geistigen Auge sieht. Still sitzen ist nicht angesagt. Die Atmosphäre brodelt. Der Tanz auf dem Vulkan steht auf dem Programm, bis zum letzten Ton.

Wenige können sich an die Band Osibisa erinnern, die 1969 gegründet wurde und aus Musikern aus Ghana, Nigeria und der Karibik bestand. Sie vereinten wie Black Flower Elemente von Rock, Jazz, Rhythm and Blues und Latin zu einer gekonnten Melange. Diese Melange erleben wir auch, wenn „I threw a lemon at that girl“ auf dem Programm steht. Geprägt ist dieses Stück vor allem durch satte Bläsersetzungen und dem Spiel von Wouter Haest an den Keys. Dabei denkt man hier und da an eine wabernde Hammond Organ, wie sie auch Brian Auger zu spielen pflegt. Quirlig ist das Saxofon von Nathan Daems. Dazu gesellt sich der treibende Beat von Simon Segers, der mit Fingerspitzengefühl seine Bandkollegen nach vorne treibt, ohne Unterlass. Stets erwartet man so den nächsten dramatischen Höhepunkt.

Komm, lassen wir uns mal auf „Star Fishing“ ein: Es scheint, dass Finger und Fäuste auf die Felle der Trommeln niedergehen. Ist da nicht ein Glockenspiel kurz zu hören? Nein, es sind wohl kleine Schellen, die Simon Segers anstößt, oder? Orgelähnliche Sequenzen im Diskant sind wahrnehmbar. Sanft verbreitet eine Ethnoflöte ihren Klang, schilpt und zwitschert. Vollsamten klingt das Kornett dazu. Übrigens, „Starfishing“ hat wohl nichts mit dem Kosmos und Sternenwelt zu tun. Wenn man nach der Bedeutung sucht, dann findet man zum Beispiel den Hinweis darauf, dass jemand viel zu müde für jede sexuelle Aktivität ist und sich nur auf dem Bett breitmacht. Hm, an was hat die Band wohl gedacht, als Komposition und Titel entstanden sind?

In der Nähe von Latin Jazz Rock ist „The Legacy of Prester John“ anzusiedeln. Hier und da muss man, so finde ich, an Santana und andere Heroen des New Yorker Latin Rocks denken, hört man Black Flower zu. Sehr gelungen ist das Wechselspiel von Kornett und Baritonsaxofon. Unüberhörbar fordert die Band „Let's dance and move your hips and shake your body!“ Und dann ist man schon mittendrin in den Bühnenshows, die der legendäre Fela Kuti mit seinen Tänzerinnen auf den Bühnen der Welt inszeniert hat. Mit dem „Jenseits von Abessinien“, einem Song, in dem Nathan Daems seine Melodica besonders herausstellt, wird das Album abgerundet.

Noch eine Schlussbemerkung: In vieler Hinsicht erinnert mich das Album von Black Flower und deren Musikkonzept an die Musik von Pharaoh Sanders und dessen Aufnahme „Karma“ sowie an Fela Kutis „Afrodisiac“! Das gilt vor allem für die spezifische Fokussierung auf Bläser und Keys.

Text © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Label
Zephyrus
http://www.zephyrusvzw.be/

Musiker
Black Flower
http://www.blackflower.be/
https://www.facebook.com/blackflowerrr.band/


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