Ben Sluijs Quartet - Flying Circles
B
Off Records
Was hier nun vorliegt, ist eine Einspielung auf dem W.E.R.F.-Label von 2002. Nun kann man diese Aufnahmen als digitales Album hören, eine Wiederauflage der Ursprungs-CD! Das Originalalbum wurde aus Anlass von Brügge 2002, Europäische Kulturhauptstadt, in der Box „Finest in Belgian Jazz" herausgegeben. Diese ist im Übrigen heute ein begehrtes Sammlerstück!
Jean-Marie Hacquier schreibt über das Album unter anderem: „The Antwerp artist took special care to design this album, which probably foreshadowed a turning point in his career towards freer forms and spontaneous creations in duo or trio (first part of "Flying Circle"). poems on "Stones" and some tests of the deceased "Travers" we had let him feel.“
Auf dem Album sind nachstehend genannte Musiker zu hören: Ben Sluijs (Alto Saxophone, Flute), Piet Verbist (Bass), Eric Thielemans (Drums), Chris Joris (Percussion) und Erik Vermeulen (Piano). Bei den aufgenommenen Titeln ist aufgrund der Arrangements eine Mischung auf Post-Hard-Bop und europäischer Klassik zu konstatieren. Monk blitzt hier und da ebenso auf wie Coltrane. „Second Flight" scheint sich zum Beispiel an Yussef Lateefs "Sounds of Nature" anzulehnen, oder?
Dank des sehr lyrisch ausgerichteten Klavierspiels zu Beginn und dem glasklaren Saxofonspiel drängt sich der Eindruck auf, dass „All One Song“ am Ende der 1950er und zu Beginn der 1960er Jahre entstanden ist. Da ist auch noch ein bisschen Swing mit im Spiel, klingt die amerikanische Jazzhandschrift durch, sind Ben Webster, Freddy Hubbard und Cannonball Adderley ganz nahe. Gekonnt verquickt ist das Spiel von Pianist und Saxofonist. Dabei versteht es Eric Vermeulen sein Spiel ganz unverwässert erscheinen zu lassen, auch wenn man beim Zuhören an kleine Stromschellen des Klangs denken muss. Auch ein Solo des Drummers Eric Thielemans bekommt man zu Gehör. Da tanzen die Sticks kurz und knapp über die Felle, schwirren die Bleche, ehe dann Ben Sluijs erneut seine Stimme erhebt.
Der namensgebende Titel „Flying Circles“ vereint Fellgewische mit einem leicht melancholischen Saxofon. Da fehlt es an dem Überschäumendem, das sonst dem Saxofon im Jazz zukommt. Herbstliche Farben malt Ben Sluijs mit seinem Holzbläser. Außerdem nehmen wir ein sehr akzentuiertes Schlagwerk wahr, zu dem sich das Saxofon für wenige Momente in die Klangwelt einer Klarinette begibt. Doch weitgehend hat man das Bild vor Augen, dass nicht ein Altweibersommer beschworen wird, sondern die wabernden Nebelbänke, die sich über die herbstlich verfärbte Landschaft legen. Dicke Tautropfen sind auszumachen. Der Winter scheint außerdem sacht anzuklopfen. Von Zirkulationen oder Kreisen, wie im Titel angezeigt, ist nichts zu merken. Kristalline Strukturen schafft im Fortgang des Stücks Eric Vermeulen. Derweil beschwört Ben Sluijs eine abendliche Szenerie mit Dämmerung und säuselnden Herbstwinden, die das Blattwerk zum Tanzen bringen.
Bereits bei den ersten Tastensetzungen von „Mouth Piece“ hat man das für Monk so typische Klink-Klank-Klonk im Ohr, dem auch der Saxofonist Ben Sluijs folgt. Durch Vermeulens Setzungen erfährt das Stück eine sehr rhythmisierte Dynamik. Dazu trägt auch das Drumming von Eric Thielemans bei, das einer rollenden Windhose gleicht und ansonsten überwiegend flächig ausgelegt ist. Für die Erdung des Saxofons sorgt Piet Verbist am Bass, dem zudem ein Solo eingeräumt wird. Dabei ist er auch in einen Monk-Modus eingetaucht. Insgesamt scheint der Duktus, dem alle beteiligten Musiker folgen, den Fußstapfen von Monk zu folgen.
In der Klangthermik schweben wir beim Hören von „Naomi“. Das ist im Kern das Verdienst von Ben Sluijs, der auf ein marktschreierisches Saxofon verzichtet und die sanften Seiten des Instruments in den Vordergrund rückt. Piet Verbist folgt Ben Sluijs in dessen klangliche Sphären, wenn auch mit einem gewissen Phlegma. Verspielt erweist sich Eric Vermeulen. Wenn man seinen Linien folgt, meint man, Paraglider zu sehen, die in den Lüften einen Himmelstanz aufführen. Föhn bläst dem Zuhörer ins Gesicht, wenn Ben Sluijs erneut die musikalische Regie innehat.
Und zum Schluss hören wir „Second Flight“. Dabei lässt sich nicht allein zu Beginn auch der Klangschlag von Udu (Schlagtopf) ausmachen, oder? Dazu vernehmen wir eine mit Hall unterlegte Flöte, gespielt von Ben Sluijs, die uns nach Fernost mitnimmt, so der vorschnelle Eindruck. Sticks streichen übers Blech, werden über den Rand der Bleche gezogen. Dumpf klingt der Udu, ein Schlagdiaphon aus Ton, derweil die Flöte in ihren Klangeskapaden Beschwörungsformeln wiederholt. Mit ein wenig Fantasie scheint die Flöte, aufgeregtes Vogelgezwitscher und Kolibrischwirren wiederzugeben. Mit Bassgezupfe endet das Stück ein wenig unvorhergesehen und abrupt.
Text © ferdinand dupuis-panther 2020
Informationen
https://stilll-off.bandcamp.com/album/flying-circles
http://www.bensluijs.be