Axel Fischbacher Quintet plays Charlie Parker - Five Birds

Axel Fischbacher Quintet plays Charlie Parker - Five Birds

A

JazzSick Records

Der Gitarrist Axel Fischbacher widmet sich gemeinsam mit dem Trompeter Matthias Bergmann, dem Saxofonisten Denis Gäbel, dem Bassisten Nico Brandenburg und dem Drummer Tim Dudek einem Giganten des Jazz: Charlie „Bird“ Parker. So verneigen sich fünf „Birds“ vor einem, der ganz maßgeblich den Bebop geprägt hat. Das, was wir hören, ist live im Studio aufgenommen sowie ohne Overdubs und Schnitte auf den Tonträger überspielt worden. Das swingt und groovt ganz gewaltig, wie man sich beim Zuhören überzeugen kann.

Aufgemacht wird das Album – es ist auch in Vinyl erschienen! – mit „Au Privave“ und endet mit „Lover Man“. „Moose the Mooche“ fehlt ebenso wenig wie „Donna Lee“, „Laura“ und „Ornithology“. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass das aktuelle Album eine Hommage an den sehr früh verstorbenen Musiker darstellt und dabei eine eigene Handschrift nicht vermissen lässt.

„Music is your own experience, your own thoughts, your wisdom. If you don‘t live it, it won‘t come out of your horn. They teach you there‘s a boundary line to music. But man, there‘s no boundary line to art.“ So äußerte sich der allzu früh verstorbene Charlie Parker. Zugleich mag das auch auf die „Adaptation“ Parkers durch das Axel Fischbacher 5tet zutreffen!

Sowohl Dizzy Gillespie als auch Thelonious Monk – auch diese beiden Musiker sind Ikonen des Bebop – waren von Parker schwer angetan, als sie ihn 1942 mit McShann's Band in Harlem erlebten. Parker spielte in der Folgezeit mit Earl Hine und Jahre später auch in der Billy Eckstine Band. Das Zusammentreffen und gemeinsame Spiel mit Dizzy war aus heutiger Sicht ein Meilenstein in der Geschichte des Jazz. Beide schufen einen ganz neuen Stil im Jazz, der Bop oder Bebop genannt wird. In den folgenden Jahren war Parker auch mit seiner eigenen Combo sehr erfolgreich und schuf Kompositionen wie „Cool Blues“. Parker, der seit Ende der 1930er Jahre an schwerer Heroin- und Alkoholsucht litt, starb 1955 im Alter von nur 35 Jahren. Mehr als sechs Jahrzehnte später wird nun an diesen Giganten des Jazz erinnert – und das ist gut so.

„Au Privave“ nahm Parker 1951 auf. Von „Donna Lee“ gibt es eine Aufnahme vom 8. Mai 1947, auf der neben Charlie „Bird“ Parker Miles Davis (trumpet), Bud Powell (piano), Tommy Potter (bass) und der kongeniale Drummer Max Roach zu hören sind. Diese historische Aufnahme lebt von dem brillanten Zusammen- und Wechselspiel zwischen Miles Davis und Charlie Parker – gewiss auch ein Maßstab für das Quintett von Fischbacher. Gleichfalls mit Miles wurde „Moose The Mooche“ im Dezember 1948 in New York City eingespielt. Dass Jazzmusiker nachfolgender Generationen die Bedeutung und Brillanz Parkers erkannt haben, unterstreicht zum Beispiel eine Aufnahme von „Segment“ von Kenny Barron und Dave Holland. Dieser hatte auf der JazzBaltica 2010 außerdem ein atemberaubendes Basssolo hingelegt, das auf Parkers „Segment“ basiert. Dass sich ein Gitarrist mit Parker befasst, ist nicht außergewöhnlich. Wie Axel Fischbacher hat auch Wes Montgomery Parker augenscheinlich sehr geschätzt und dessen „Lover Man“ für Gitarre arrangiert. Aus meiner Sicht sollte man diese Informationen im Hinterkopf haben, wenn man sich dem Album von Fischbacher und Co. widmet.

Mit einem flotten Gitarrenlauf beginnt Axel Fischbacher bei dem Song „Au Privave“, wohl auch ein wenig vom Schlagzeug zum flotten Spiel verführt. Dann jedoch melden sich die Bläser zu Wort, die nahtlos an das Gitarrensolo anschließen. Nachfolgend geben sich Bass und Gitarre ein Stelldichein. Dabei übertrumpft die Gitarre den eher schwerfälligen Bass mit Leichtigkeit und Verspieltheit. Mit einer sehr leichten Prise Rotzigkeit ist die Gitarre auch ausgestattet, doch vor allem zeichnet sie sich in ihrem Spiel durch „Luftakrobatik“ statt durch Erdigkeit aus. Die Erdigkeit ist dem Bass vorbehalten. Dass das Atemrohr eines Herrn Sax völlig zügellos agieren kann, unterstreicht die vorliegende Aufnahme, bei der Denis Gäbel am Saxofon zu hören ist. Tim Dudek agiert beinahe entfesselt an den Drums und zwar dann, wenn ihm entsprechender Raum eingeräumt wird.

Ganz Dialogisch ausgerichtet, zwischen Saxofon und Gitarre, ist der Song „Segment“. Dabei fällt es jeweils einem der beiden Musiker zu, den Stimulus zu setzen, der zur Fortsetzung des „Gesprächs“ führt. Herausgenommen aus dem Dialog ist das Spiel von Matthias Bergmann am Flügelhorn, hintergründig begleitet vom Bassisten Nico Brandenburg. Klangfetzen fliegen dahin, verflüchtigen sich, werden wieder eingefangen und auch ein wenig geerdet. Auf dieses wechselvoll Spiel reagiert Axel Fischbacher auf seinem Saiteninstrument. Und irgendwie kommt man nicht umhin, den Song als sehr beschwingt, wenn nicht gar im engeren Sinne swinging zu empfinden. Bei „Donna Lee“ überkommt den Zuhörer zunächst der Eindruck, das Quintett habe sich ganz auf eine rockige Adaptation eingeschworen. Doch dann vernimmt man auch Elemente, bei denen man an Klassiker von Cannonball Adderley und seinen Formationen denken muss. Überaus beeindruckend agiert Axel Fischbacher im Kontext von „Donna Lee“. Die Brillanz des Spiels ist gekennzeichnet durch Schnelligkeit und sehr saubere Technik. Yep, it's groovy kommt dem Zuhörer in den Sinn.

Eher balladenhaft mutet der Song „Laura“an. Über weite Strecken prägt Axel Fischbacher die Hörfarben mit seinem Saiteninstrument, wenn auch Denis Gäbel nach einer Weile einsteigt und die musikalische Linienführung bestimmt. Luft verschafft sich in einem Solo auch der behäbige Tieftöner, ehe sich dann der sanfte und samtene Klang des Flügelhorns in tonalen Schwaden langsam ausbreitet. Zum Ende ist es jedoch Axel Fischbacher, der mit seinen faszinierenden Läufen den Zuhörer umgarnt.

Ein Klassiker des Jazz ist gewiss „Moose the Mooche“, anfänglich überaus spritzig-bewegt dargeboten, ehe dann Denis Gäbel sein Atemrohr zum Tanzen bringt. Ja, da ist dann die Blütezeit des Bebop ganz hautnah zu spüren. Beinahe zum Schluss rückt dann der Bassist den Elch noch mal ausgiebig ins Bild, gleichsam als trägen Koloss. Mit der Bassklarinette, die Denis Gäbel spielt, bekommt „My Little Suede Shoes“ eine besondere Klangwürze. Irgendwie scheint die Klarinette auf „Gegenworte“ zu treffen und versucht sich gegenüber dem Flügelhorn zu behaupten. Beinahe entgegen seiner Natur zeigt sich der Bassist, sehr aufmüpfig und bewegt. Mit „Lover Man“ verabschiedet sich das Quintett von Charlie „Bird“ Parker und dessen Beitrag zum Bebop. Sehr gelungen und mit hörenswerten, teilweise unerwarteten Klangfärbungen ausgestattet – so das Fazit.

Text © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Label
JazzSick Records
http://www.jazzsick.com/

Musiker
Fischbacher 5tet
http://www.fischbacher-quintet.com


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