Avi Darash - Samskara
A
A.MA Records
Avishai Darash, aus Israel stammend, lebt schon seit einiger Zeit in Amsterdam. Er verbindet in seinen Kompositionen Elemente traditioneller Musik aus Nordafrika, mit klassischer europäischer Musik, amerikanischem Jazz und Volksweisen aus Israel. Das spiegelt auch die Besetzung für das aktuelle Album wieder. Eingespielt wurde es mit nachstehend genannten Musikern: Daniele Cappucci am Kontrabass und Joan Terol Amigò am Schlagzeug. Zudem hören wir bei den Gesangpassagen Karima El Fillali; die Violine spielt Abderrahim Semlali und Ud Haytham Safia, sodass eine sehr stark schimmernde Klangfärbung entsteht.
Avi Darash hat an der Jerusalem Academy for Music and Dance studiert und seinen Bachelor erworben, ehe er für einige Zeit nach New York City zog und sich mit Brad Mehldau anfreundete. Zur Fortsetzung seiner Studien ließ er sich in Amsterdam nieder, um am dortigen Konservatorium weiter zu studieren.
Zurzeit ist Avishai Pianist und Arrangeur beim Amsterdamer Andalusischen Orchester unter der Leitung des Geigers Abderahim Semlali. In diesem Kontext entstand 2017 “Andalusian Echos".
Lassen wir den Komponisten und Pianisten zunächst selbst zum vorliegenden Album einige Worte sagen: „I've taken with this album has been an exciting, scary and fulfilling one. A journey which I still take and evolve with as an individual and as an artist. I've chosen to blend my Middle Eastern heritage together with my western influences into this work; Although I've tried in the past to transform myself out of certain habits and identities, my 'Samskaras' have lingered on.“
„Jajouka“ - aus der Feder von Abderrahim Semlali stammend und zum Repertoire des Amsterdamer Andalusischen Orchesters gehörend – eröffnet das Album. Getragen-herbstlich und auch von Wehmut durchzogen, so erscheint diese Komposition zu Beginn. Das ändert sich im Verlauf, wenn das Ensemble einen gemeinsamen „Freudentanz“ anstimmt, der die Nähe zu „Balkanova“ nicht abstreifen kann. Sufi-Geist ist m. E. nicht auszumachen, sieht man einmal von den wiederkehrenden Linien ab, die denen der sich in Trance wiegenden Sufis ähneln. Es ist durchaus auch möglich in Frage der rhythmischen Dynamik Querverbindungen zu irischem Reel zu sehen, sieht man mal von dem Gesangspart und den lyrischen Interventionen von Avi Darash ab.
Nachfolgend hören wir erst „About Her“ und dann „About Him“. Das erste Stücke entstand bereits vor Jahren für das Album „Impermanence“, allerdings diesmal veröffentlicht unter einem anderen Titel. Verhalten sind die Tastensetzungen. Dazu gesellt sich der wohl gestrichene Bass, beinahe elegisch zu charakterisieren. Doch dann nimmt die Komposition Tempo auf. Bisweilen besticht „About Her“ sogar durch beinahe überbordende Lockerheit und Frische, nimmt man tanzende Klangmuster wahr. Ein Hauch von Aufbruch wird suggeriert, wenn es am Ende dann doch wieder eher wehmütig klingt.
In ähnlichem harmonischem Fahrwasser wie „About Her“ bewegt sich
„About Him“, dabei durchaus klassische europäische Musik aufnehmend. O-Ton Avi Darash: „... About him is dedicated to the moments when things change beneath our feet without our control but we prevail and move forward into a better understanding of ourselves.“ Darash entwickelt melodische Konturen, die an eine stetig sprudelnde Quelle denken lassen. Dazu vernimmt man fein gesponnenes Bassgezupfe. Durchaus im Umfeld von Pop-Musik bewegt sich „Earth Saung“ und das ist nicht allein der englischsprachigen Lyrik geschuldet, sondern vielmehr den Harmonien und Rhythmen. Beim Hören kam mir Dusty Springfield ebenso in den Sinn wie Annie Lenox. Zufall? Missverständnis?
Bei „New Vision“ hat man den Eindruck, Orient und Okzident verschmelzen miteinander, als wären der eigentlich auf das Bandoneon fokussierte Tango und die Hackbrett lose ungarische Volksmusik mit arabischer Kunstmusik verflochten, dank an Abderrahim Semlali und Haytham Safia. Muss man bei einem Titel wie „Joy“ nicht an die „Ode an die Freude“ denken? Avi Darash präsentiert uns klangliche Springfluten. Dazu vernimmt man den feinen Sopran von Karima El Fillali. Dabei drängt sich durchaus der Bezug zu „Singer/Songwriter“ auf, oder?
Für seinen Sohn Bendavid schrieb Avi Darash „Lullaby for Bendavid“. Es ist ein Kinder- und Schlaflied zugleich, jenseits von Matthias Claudius, aber dennoch mit klassischer Konnotation. Dabei zeigt sich das Trio in seiner Stärke, kann der Bassist die harmonischen Linien mitbeeinflussen, wenn auch die melodische Regie bei Avi Darash und seinen schwarzen und weißen Tasten liegt. Bildlich gesprochen scheint sich bei diesem Kinderlied die Sanftheit der Nacht nach und nach auszubreiten.
Wie bereits oben angerissen, ist Avi Darash durchaus von Folklore beeinflusst. Bei „Samskara“ hat er den bulgarischen Tanz Kopanitsa/Gankino Horo mit einem 11/8-Takt einfließen lassen. Es ist eines der mitreißenden Stücke des Albums. „Ten Sephiroth“, in 10/8 gesetzt, steht am Ende und schafft einen Brückenschlag zwischen Jazz und Maqam. Letzteres ist vor allem genuin für die persische und türkische Musik. Charakteristisch ist die zugrunde liegende heptatonische Tonleiter bzw. Tonart. Und so endet die musikalische Reise zwischen West und Ost.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
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