Augusto Pirodda - Kosmima
A
elNegocito
Solokonzerte und -alben und Jazz – wie geht das zusammen? Fehlt es da nicht am Interaktiven, an der Befruchtung durch Mitspieler, an zirkulierenden Solos und Improvisationen? Gewiss, die Interaktion ist bei einem Pianisten wie Augusto Pirodda nur eingeschränkt möglich, nämlich zwischen der linken und der rechten Hand. Zudem sind die Klangfarben stark reduziert. Wo bleibt das rhythmische Element, wo das melodische? Wie verhält es sich mit der Basslinie? Nun ja, es gibt ja auch basslose Trios, sodass das nicht so sehr das Problem sein dürfte. Doch lassen wir uns einfach auf Pirodda ein und sehen, in welcher Weise er sein Tasteninstrument ins Spiel einbringt.
Bis auf „Between“ und „Crystal Waltz“ stammen alle anderen Kompositionen wie „Kosmima“, „Jompro“, „Brootprints“, „Alter Ego“, „Bollad“ und „Bass Thing“ aus der Feder von Augusto Pirodda.
Im Pressetext zum Album lesen wir: „Augusto Pirodda plays solo, to the rhythm of his piano, and makes this intensely poetic and fascinating journey. He constantly searches for new ideas, avoids stereotypes and stylistic barriers. Like a tightrope walker, he moves effortlessly between jazz and free improvisation. Augusto Pirodda is known from his trio with Gary Peacock and Paul Motian and his quartet with Ben Sluijs, Marek Patrman and Manolo Cabras.“ Mit Letzterem hat der aus Italien gebürtige, nunmehr in Brüssel und den Niederlanden lebende Pirodda zusammen den Titel „Between“ komponiert.
Langsam, wie ein Rinnsal fließend, kommt „Kosmima“ daher. Hier und da muss ein kleines Hindernis umschifft werden, so der Eindruck. Ein Blatt fällt ins Wasser und Kreise bilden sich auf der Oberfläche – so ein mögliches anderes Bild im Kopf, wenn man den Melodielinien folgt. Stark im Bass ruht „Jmpro“, eine Komposition, die zudem von Behäbigkeit geprägt ist und sich nach und nach aus der Bassverharrung löst, um nachfolgend wieder in den Basslauf zurückzugleiten. Entgegen der Erwartung, dass es eine ausgeprägte Interaktion zwischen linker und rechter Hand gibt, dass es starke Akzente zwischen beiden Händen gibt, ein „kontrapunktisches Agieren“, ist das bei diesem Stück nicht der Fall, eher schon bei „Brootprints“. In diesem Stück hinterlässt Pirodda nachhaltige Fußspuren, eher schon Stiefelabsätze.
Verspielt zeigt sich „Alter Ego“. Dabei tanzt die eine Linie über der anderen. Es kommt zu einer Art klangbildlicher Helix. Auffallend und nachhaltig im Gedächtnis haften bleibt die sehr starke Basshand, die ihre Dominanz nur selten aufgibt. Wie mag wohl ein dunkles Vorspiel klingen, siehe „Dark Prelude“? Gar nicht so, wie erwartet. Verhalten und zögerlich entwickelt sich das Stück; so, als wolle der Komponist herbstliche Nebelbänke einfangen, klingt das, was er uns zu Gehör bringt. Zugleich hat man den Eindruck, das Zurren des Windes an den kahlen Baumästen werde als Klangbild expressiv gezeichnet. Zudem meint man, einigen durch den Regen stapfenden Menschen zu begegnen, die sich dann schließlich rasch davonmachen. Nein, im Diskant verliert sich der „Crystal Waltz“ nicht, und auch von Walzer ist nicht zu merken. Mit „Between“ beschließt Pirodda sein Soloprojekt und taucht dabei tief in die Basslinien ein, die er allerdings kurzzeitig auch aufzulösen versteht.
Um auf die Anfangsfragen zurückzukehren: Es fehlt schon am Interaktiven, an dem Zipp und Zapp, das bei Trios und Quartetts möglich ist. Die Beschränkung auf das Piano setzt halt starre Grenzen, wenn man das Piano nicht präpariert oder durch Elektronik manipuliert, was Pirodda allerdings unterlässt.
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons.
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