Augusteyns / Badenhorst / Thielemans / Pawlowski - De god van ongeveer

Augusteyns / Badenhorst / Thielemans / Pawlowski - De god van ongeveer

A

Off records

Jürgen Augusteyns ist der Kopf des Quartetts, dessen jüngste Einspielung nun vorliegt. Augusteyns ist ein belgischer Gitarrist mit einem Background in der Pop- und Rockmusik, die ihm allerdings zu begrenzt erschien, sodass er nach neuen musikalischen Wegen suchte. Dabei ließ er sich unter anderem von Loren Connors, Noël Akchoté und Brandon Seabrook sowie Glenn Branca, Oren Ambarchi, Hella und US Maple, inspirieren. Zur Arbeit an der vorliegenden EP hören wir einen O-Ton des Gitarristen: „Just like “Auch ich in Arkadien”, my first solo release, this record started with solo improvised guitar parts. Soon I realised I found the blueprints of the global arrangements and structures of the first two songs of this record. Joachim and Eric both were quite an obvious choice for me to invite as collaborators, Joachim played on my first EP and both Eric and I were planning a duo-release but then Covid suddenly happened and we had to postpone.“

Der Klarinettist Joachim Badenhorst ist vor allem als Jazzmusiker bekannt, doch macht er auch als Vokalist eigenwilliger Lyrik von sich reden. Eric Thielemans ist ein Drummer, der nicht nur im Jazz, sondern auch in der freien Improvisation verwurzelt ist. Mauro Pawlowski ist als Gitarrist nicht nur von Flat Earth Society bekannt, sondern auch von der belgischen Indie-Rockband dEUS, The Love Substitutes und Kiss My Jazz.

Aufgemacht wird die EP mit „Droom, droom, droom“, gefolgt von „Vinger bij vinger“ und „De god van ongeveer“. Zum Schluss hören wir ein binäres Gedicht („Binair gedicht“). Ein Klangschwall umgibt den Hörer gemischt mit einer fast zerbrechlichen Stimme. Es ist eher vokaler Klang zu vernehmen als eine distinkte Lyrik. Ist da nicht auch eine zweite Stimme mit im Spiel? Hier ein Ding und dort ein Dong vernehmen wir zudem. Im Hintergrund blitzt ab und an die Klarinette mit kurzen Stimmpassagen auf. Zart wird das Blech des Schlagwerks kurz angetippt. Auch die Gitarre von Jürgen Augusteyns mischt in der Klangmelange mit. Frequenzgeschwirre, das auch von einem digitalen Synth kommen könnte, erlebt der Zuhörer, ehe dann Joachim Badenhorst eine zarte Melodielinie fließend vorträgt. Stets dabei ist ein Klangteppich, der wie ein verstärktes verfremdetes Laubgeraschel und fegender Wind anmutet. Ab und an setzt Jürgen Augusteyns kurze Saitenakzente. Sphärisch wäre die Musik vielleicht zu nennen, die dann gegen Ende ins Off abtaucht.

Furios und eruptiv beginnt „Vinger bij vinger“. Dabei sind der Drummer und der Gitarrist ganz maßgeblich die Agenten des Geschehens. Aufruhr, Eruption, Unruhe – das sind Begriffe, die sich beim Hören des Stücks einstellen. Mit gebrochener Stimme meldet sich im weiteren Verlauf Joachim Badenhorst zu Wort, derweil rollen die Trommelschläge von links nach rechts und zurück. Knisternd und röhrend ist der erst hintergründig, dann dominierend wahrzunehmende Klangteppich. Ist da nicht auch tiefes Saitenflirren zu vernehmen? Im weiteren Verlauf scheint Joachim Badenhorst einen Singschwan zu imitieren. Rauschen mit unterschiedlichen Sequenzen ist ebenso zu hören wie verzerrte Singstimmen. Um was geht es dabei inhaltlich? Geht es mehr um Lautsprache oder um lyrische Verszeilen? Wenn Letzteres intendiert ist, dann muss man schon ein sehr geschultes Ohr und Kenntnisse im Niederländisch haben, um den Inhalt zu dechiffrieren. Sprechgesang ist zudem Teil der musikalisch-theatralischen Inszenierung. Doch wer ist der Rezitator? Jürgen Augusteyns, Mauro Pawlowski oder Joachim Badenhorst?

Aus dem Off nähert sich eine Klangwelle zu Beginn von „De god van ongeveer“ und dann erhebt sich eine Sprechstimme, die von Klangschlieren überlagert wird. Ist da ein Moog-Synth mit im Spiel? „ Da klopft jemand an die verkehrte Tür..“ sind Satzhülsen, die zu hören sind, jedoch in Niederländisch. Und im nächsten Moment erleben wir einen Klangmalstrom, ehe die Rezitation ihre Fortsetzung findet. „Niemand weiß davon ...“ ist ein weiterer kurzer Sprachfetzen, den der Hörer aufnehmen kann. Überbordend ist jedoch die tieffrequente Klanggischt, die sich mehr und mehr ausbreitet. Schrill sind bisweilen einzelne Frequenzen, die einemTinnitus gleichen. Dunkles Grollen schließt sich an, langsam aber distinkt bis zum Ende des Stücks. Zum Schluss erleben wir ein „Binair gedicht“ mit und ohne eingesprochenem „One, One, One, Zero, One One One, Zero“. Ist das nicht Hinweis auf den binären Code, mit dem jeder Computer operiert? Begleitet wird das gesprochene Wort von vibrierenden Klangerlebnissen und eisig-kristallinen Klangeskapaden. Und stets wird „One, One, One, Zero ...“ wiederholt.

© ferdinand dupuis-panther


Infos

https://de.wikipedia.org/wiki/Mauro_Pawlowski
https://jurgenaugusteyns.bandcamp.com
https://www.jazzhalo.be/interviews/joachim-badenhorst-interview-with-the-saxophonist-and-clarinettist-from-antwerp-belgium/
https://www.ericthielemans.com

Line-up

Jürgen Augusteyns - guitars, keys, Moog/CT5/Stamme(n) operator, vocals
Joachim Badenhorst - vocals, clarinet
Eric Thielemans - drums
Mauro Pawlowski - vocals


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