Arkady Shilkloper - New Hornology
A
Jazzist
„‘New Hornology’ is the creative and life experience of an extraordinary musician, concentrated in eight pieces.” (Lev Borovkov, co-founder of Jazzist) Ja, außergewöhnlich ist der russische Hornist ohne Frage. Sein Name werden Kenner der Jazzszene Osteuropas gewiss mit dem einstig existierenden und 1990 gegründeten Moscow Art Trio in Verbindung bringen, das nach dem Tod von Misha Alperin leider nicht mehr besteht.
Arkady Shilkloper, ein akademisch ausgebildeter Hornist, der Flügelhorn, Waldhorn sowie Alphorn spielt, ist im Jazz ebenso zuhause wie in der Klassik. Häufiger war er in Deutschland mit dem aus Odessa stammenden und in den USA lebenden Pianisten Vadim Neselovskyi zu hören. Zudem ist er Teil des Projektes „Pago Libre“. Nun also legt er ein Solowerk vor. Nur das letzte Stück des Album sieht den Hornisten in Begleitung von Streichern, wenn sie gemeinsam „Tales for Alexandra“ spielen.
Bei der musikalischen Inszenierung des Flüsschen „Wupper“ im Bergischen Land erleben wir nicht konstante Basslinien, eine Art Peitschenschlag und eine sehr bewegte Melodielinie. Diese gleicht bildlich einem flotten Trab eines Islandpferdes, der in einen Galopp übergeht. Irgendwie wohnt dem Stück auch durchaus ein Moment von Rockmusik und Jazz Rock inne. Bei manchen Linien muss der eine oder andere unter Umständen an den „Hummelflug“ denken. Insgesamt erweckt der Hornist den Eindruck, man lausche einem mehrstimmigen Ensemble. Das überzeugt vom ersten Takt an.
Ist bei „Blues on Seven“ nun ein Kuhlo- oder ein Waldhorn zu hören? Es gibt Momente, da muss man an ein Kuhlohorn denken, dann wieder an die Tieftönigkeit eines Alphorns, dessen Klang langsam verhallt. Auch in diesem Stück gibt es eine starke rhythmische Inszenierung. Die darüber gelegte Melodielinie mutet dann an wie dahin ziehende Klangwolken. Und wenn diese Linien erklingen, dann denkt man eher an ein Flügelhorn oder eine Trompete. Übrigens, das erwähnte Kuhlohorn wird auch als Kuhlo-Flügelhorn bezeichnet. Dieses schwingt sich teilweise in höchste Tonhöhen auf. Stets begleitet ist dies von einem basslastigen Horn, das die Funktion eines Kontrabasses übernimmt. Mit „Edelweiss“ entführt uns Arkady Shilkloper in die Schweizer Heidiwelt und die Welt von Humpda-Humpda sowie bayerischer Folklore. Nutzt der Musiker zum Spielen etwa ein Alphorn? Man mag es annehmen, auch wenn zugleich der Klang eines Waldhorns ans Ohr des Zuhörers dringt.
„Cobra“ schließt sich auf dem Album an, geprägt von einem Wechselgesang, der durch scharfe und spitzzüngige Klangformen bestimmt wird. Spricht der Musiker da nicht auch hin und wieder in sein Kesselmundstück? Tempo, Tempo, Tempo ist angesagt. Und dann ja dann vernimmt man Klänge, die man sonst von einer gedämpften Posaune gewohnt ist, gefolgt von Klängen, die auch auf einer Tuba gespielt werden könnten. Doch keines dieser Instrumente ist auf dem Album aufgeführt. Irgendwie wohnt dem Stück auch ein wenig Bop inne und zugleich mutet die Komposition so an, als wäre sie für das Tanzen eines Jives oder Charleston geschrieben worden. Und mischt sich in die musikalische Inszenierung nicht auch ein bisschen Boogie? Und dann gegen Ende drängen sich Näherungen an den Klang eines Posaune auf, derweil als rhythmische Stimme wiederkehrende Motive wahrzunehmen sind. Auch diese klingen so, als würde eine Bassposaune dafür bemüht werden.
Nach dem Stück „Chorale“ folgt „Take Seven“: Klassisch durchwirkt und an sakrale Musik anknüpfend, so ist „Chorale“ zu charakterisieren. Und auch bei diesem gibt es keinen kirchlichen Posaunenchor zu erleben, obgleich man einen entsprechenden Eindruck gewinnt. Zugleich hat man das Bild des Aufführungsraums vor Augen: eine gotische dreischiffige Kathedrale mit Netzgewölbe. „Take Seven“ gleicht einem musikalischen Parforceritt, sprich einem Gebläse zur Hetzjagd. Auf der anderen Seite kann der eine oder andere im Verlauf des Stücks für sich einen Bezug zu slawischen Tänzen und Balkanova ausmachen. Für kurze Momente scheint es auch eine Anlehnung an „Bilder einer Ausstellung“ zu geben, oder? „Four Brothers“ ist nicht das letzte Stück der aktuellen Einspielung. Nein, es gibt noch einen Bonustrack, bei dem neben dem Hornisten ein Streichquartett die Klangfärbungen bestimmt. Hört man zu, dann fühlt man sich zeitweilig eher an Fusion und an Jazzstreicher wie Ponty und Lockwood erinnert! Fazit: ein überaus überzeugendes Soloalbum mit Klangfarben, die man üblicherweise nicht zu Gehör bekommt, abgesehen zum Beispiel von Konzerten mit barocker Waldhorn-Musik und der der Klassik! Dabei fallen dann Namen wie Vivaldi und Haydn. Wenn überhaupt, dann spielt Shilkloper Waldhorn-Musik 3.0
© ferdinand dupuis-panther
Info
HORN SOCIETY
Musicians
Arkady Shilkloper: horn, alphorn, kuhlohorn
Stanislav Malyshev: violin (8)
Inna Zilberman: violin (8)
Ksenia Zhuleva: viola (8)
Olga Kalinova: cello (8)
Music by Arkady Shilkloper
Track listing
1. Wupper
2. Blues on Seven
3. Edelweiss
4. Cobra
5. Chorale
6. Take Seven
7. Four Brothers
Bonus track:
8. Tales for Alexandra (String Version)
Reviews
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