A.R.K. - Music by Endangered Species
A
JHM
Bassklarinette und Basssaxofon vereinen sich für das aktuelle Album mit Schlagwerk und Gitarre. In der Instrumentierung ist A.R.K. fürwahr kein gängiges Trio. Na ja, angesichts von Bassklarinette und Basssaxofon bedarf es wohl keines Kontrabasses und auch das Klavier als Harmonie-Instrument vermisst man wohl angesichts der Gitarre nicht. Der Trio-Name lässt sich am besten mit Arche übersetzen. Es sind aber auch die Anfangsbuchstaben der beteiligten Musiker. Doch Arche im Sinne eines Bewahrortes für eher selten gespielte Instrumente wie Bassklarinette und Basssaxofon hat doch etwas, oder?
Sämtliche Kompositionen stammen aus der Feder von Andreas Kaling, der die tiefen Töne schätzt, wenn er auch auf dem Album hier und da sein Sopransaxofon zum Klingen bringt. Dass eine grüne Gießkanne das Album-Cover ziert und in der Innenklappe die drei Musiker mit einer grünen Gießkanne ihre Instrumente bewässern, ist gewiss ein angemessenes Symbol dafür, das ein zartes Pflänzchen wie die Musik des Trios gehegt und gepflegt werden muss, wie der Jazz im Allgemeinen, da er vielfach leider nur ein Nischendasein führt.
Zu den Musikern des Trios: Der aus Münster stammende Saxofonist Andreas Kaling liebt tiefe Töne, so auch beim Quartett Deep Schrott und nunmehr bei A.R.K. Das Bass-Saxofon ist sein Instrument. Zwei Soloalben hat er mit diesem Instrument bei JHM eingespielt. Die Zusammenarbeit mit dem klassisch ausgebildeten Gitarristen Reinhold Westerheide begann 2017. Im Jahr 2019 haben die beiden gemeinsam mit dem Schlagzeuger Karl Godejohann das Trio A.R.K. aus der Taufe gehoben. Reinhold Westerheide studierte Gitarre (bei Antonio Pereira Arias), Schlagwerk sowie Arrangement und Ensembleleitung am Königlichen Konservatorium in Den Haag. Meisterkurse absolvierte Reinhold Westerheide u.a. bei Abel Carlevaro, Alberto Ponce, Hubert Käppel und Leo Brouwer (Gitarre) Leigh H. Stevens und Michiko Maekane (Marimba). Karl Godejohann ist freiberuflicher Schlagzeuger und war unter anderem mit Bands wie ALTE LEIDENSCHAFTEN, REICHLICH WEIBLICH und DIE KONFERENZ zu hören. Beim Jazzfest Berlin, New Jazz Festival Moers, Jazz a Mulhouse, North Sea Jazzfestival Den Haag und den Leverkusener Jazztagen ist er in der Vergangenheit aufgetreten. Nunmehr ist er auf dem Debütalbum von A.R.K. für den Rhythmus zuständig.
Aufgemacht wird das Album mit den „Farben des Himmels“, ehe wir „Careful“, “And the Lady Shaves Her Legs“, „Dancin' in the Streets“ oder „As If It Always Has Been a Part of Me“ hören können. Zu den weiteren Tracks gehören u. a. „The Sun“, „Das Inselschloss“ und „The Sun Rises“.
Stampfende Rhythmen vereinen sich mit nach höfischer Musik klingender Gitarrenmusik und Bassklarinettenklang, der beinahe in einer Endlosschleife zu erleben ist. Schnalzende Klänge sind zu hören, aber auch eine klagende Bassklarinette, die ab und an auch den Schrei eines Singschwans imitiert. Ansonsten ist schnurrender Bassklang allgegenwärtig. Hier und da ist Andreas Kaling auch mit sonorem Timbre unterwegs. Bezüglich der Melodie des Stücks fühlt sich der Zuhörer an Minnegesang und vor allem an alte Volkslieder erinnert, oder? Für „Careful“ hat Kaling seinen tieftönigen Holzbläser ausgepackt. Dieser schnurrt, schnalzt und schnattert, ist mit und ohne „Explosivlaute“ zu erleben. Fein strukturiert sind die Flächen, die der Gitarrist über die wiederkehrenden Schemata des Basssaxofons setzt. Blech ist zu hören und auch lang gezogene Gitarrenklänge, die im Nachgang aufgelöst werden. Im Hintergrund geht unterdessen das Gebläse und Geschnalze weiter, nimmt man einen trockenen Blechklang wahr, der dem Schlagzeuger zu verdanken ist. Wie Antipoden scheinen Kaling und Westerheide zu agieren, und das bis zum letzten Takt. Mit einem ungewöhnlichen Titel namens “And the Lady Shaves Her Legs“ wartet das Trio nachfolgend auf. Verhallender Blechklang, Schlägel, die auf Fell treffen, und ein helles Plong sowie ein explosives Dumm vereinen sich zu Beginn, ehe der Gitarrist eine sehr lyrische Melodielinie spielt und im Hintergrund Plong und Dumm als konstante Größen beibehalten werden. Das Fragmentarische und die Defragmentierung sind ebenso vorhanden wie das melodische Kontinuum. Zischende Atemluft und Klappengeräusche sowie quietschende Töne zu einzelnen Saitenklängen sind im Weiteren präsent. Dabei klingt die Gitarre so, als würde sie für den Stundenschlag stehen. Anschließend verflüssigt sich das Spiel des Gitarristen und er verharrt nicht länger in Einsilbigkeit bzw. „Ein-Tönigkeit“.
Putzmunter und beschwingt geht es bei „Dancin' In The Streets“ zu. Da zeigt sich der Klarinettist ganz losgelöst im Hier und Jetzt, scheint er Popmusik durchaus zugetan, wenn auch nicht simpel gestrickter Popmusik. Dass eine Klarinette nicht gleichbedeutend mit Swing im Sinne von Benny Goodman oder Klezmer ist, unterstreicht Andreas Kaling ganz nachhaltig. Dabei baut das Stück aber auch auf den Gitarristen und den Schlagzeuger, obgleich Kaling im Fokus steht. Gespreizt ist dessen Spiel nur zeitweilig. Gelegentlich groovt es auch gewaltig, ist der Duktus gänzlich dem Rhythmischen unterworfen. Ein Hauch von Soul mit ein wenig Surf-Sound und Karibik-Feeling sind in dem Stück „The Sun“ zu spüren. Dabei fällt dem Basssaxofonisten die Rolle zu, für den starken Bass und schnalzenden Rhythmus zu sorgen. Die südliche Sonne und das mediterrane Licht fängt Reinhold Westerheide mit seinem versierten Gitarrenspiel ein, das an die Werbung für Barcadi Rum denken lässt. Nein, reinen Calypso präsentiert uns das Dreigestirn nicht, aber irgendwie nehmen uns die Musiker schon in südliche Gefilde mit.
Temporeich ist „Das Inselschloss“ angelegt. Dabei unterstreicht Reinhold Westerheide erneut, dass er eher im Umfeld klassischer Gitarrenmusik als in der Musik für Jazzgitarre zuhause ist. Die Melodielinie liegt in seiner Hand, während Andreas Kaling für die rhythmischen Durchwebungen sorgt, jedenfalls im ersten Teil des Stücks. Nachfolgend jedoch lässt er seinen tiefgründigen Holzbläser schnurren und schnarren, gelegentlich aber auch jenseits des Kehligen auftreten. Und am Ende ist es dann an Reinhold Westerheide für „Gute-Laune-Musik“ im besten Sinne zu sorgen. Schließlich erleben wir den Sonnenaufgang in „The Sun Rises“. Auch bei diesem Stück ist es die Aufgabe des Gitarristen für pastellfarbene Klangmuster zu sorgen, derweil im Hintergrund die strichweisen Basslinien durch den Klarinettisten Kaling gezogen werden. Schließlich geht die Melodieführung an Andreas Kaling über. Mischen sich da nicht Soul und Funk? Und auch ein veritables Schlagwerksolo sowie rhythmisches Händeklatschen können wir bei diesem Stück am Ende genießen.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
Andreas Kaling – bass saxophone, bass clarinet, soprano saxophone
https://andreaskaling.bandcamp.com/
Reinhold Westerheide – guitar
https://www.reinholdwesterheide.com/index.php?id=3
Karl Godejohann – drums
https://www.karlgodejohann.de/musiker/
JHM
www.JazzHausMusik.de