Antti Lötjönen, Kalle Kalima – Stings, Bites ans Scratches
A
Eclipse Records
Die Besetzung ist minimalistisch, die Musik jedoch nicht, auch wenn nur ein Bassist, nämlich Antti Lötjönen, und ein Gitarrist, Kalle Kalima, zu hören sind. Letzterer entführt uns im übertragenen Sinne in einen Klanghimmel.
Da regnet auf uns ein Saiten-Klangrausch hernieder, derweil in gesetztem Tempo der Bassist für die Erdung sorgt. Fein ziseliert sind die Melodielinien, die wir von Anbeginn der Einspielungen erleben. Kristallines ist zu vernehmen, aber zugleich Fragiles. Klänge keimen auf und verschwinden in der Raumtiefe, so in dem Eröffnungsstück „(for) Better People“. In „Life of K“ scheint es, als enteile der Gitarrist dem Bassisten, als würde der einen Ortsbezug haben und der andere nicht. Hier und da wird die Gitarre moduliert, scheint sie im Klang einer gestrichenen Violine gleich. Oder ist es der Bassist, den wir hören? Wiederkehrendes Basszupfen trifft in „Four Little Doves“ auf „Saiten-Schwünge des Gitarristen“, die uns hohe, beinahe kristalline Töne erleben lassen. Dabei hat man den Eindruck, man erlebe musikalisch gestische Malerei mit Farbklecksen auf der Leinwand. Nach wie vor bewegt sich Kalle Kalima in diesem Stück in Klangsphären, die aufgebrochen wurden. Eine Collage aus Mosaiksteinchen des Klang wird Stück für Stücl zusammengesetzt, um ein Bild zu wählen, mit und ohne Flageolett.
Wie in einem Fluss des Klangs taucht der Zuhörer bei „Ballad of a Moose“ ein. Kalle Kalima zeichnet dafür versetzte Linien und diagonal gesetzte Schraffuren, wenn man das Gehörte in eine Bildsprache überträgt. Hier und da ist Kalimas Spiel durchaus konzertant, entwickelt sich in Klangschleifen, die aus dem Linearen erwachsen. Aber auch Bruchkanten des Klangs werden beschrieben.
Weitgehend steht auf dem aktuellen Album die E-Gitarre Kalimas im Fokus. So ist es dann auch mal eine Klangänderung, wenn die Intro in „Factory Boy“ vom Bassisten Lötjönen bestritten wird. Doch dieser Moment wird überlagert durch die modulierte Gitarre, die wir hören. In den Hintergrund wird nachfolgend Lötjönen abgedrängt. So scheint er eher die zweite Geige zu spielen und nicht auf Augenhöhe mit dem Gitarristen. Das verwundert, denn die Kompositionen des Albums stammen aus der Feder beider Musiker. Das, was Kalima vorträgt, erscheint wie eine Art Spurensetzung. Sie nimmt einen Anfang und entwickelt sich, wenn auch nicht linear. Und am Ende hören wir dann den Song, der dem Album seinen Titel gab: „Stings, Bites and Scratches“.
© fdp 2025
Eclipse Records
Musicians
Antti Lötjönen - double bass, composition
Kalle Kalima - guitars, composition
Tracks
1. (for) Better People
2. Life of K
3. Four Little Doves
4. Ballad of a Moose
5. Factory Boy
6. Healing Waters / Low Bridge
7. Stings, Bites and Scratches