Andrew Robertson - Our Man In Moss Vale
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Self produced
Der Saxofonist und Flötist Andrew Robertson ist Teil der australischen Jazzszene und hat ein Studium am NSW Conservatorium of Music (Jazz) absolviert. Er ist der Gründer von Jellybeans Music, einer Organisation, die sich um die musikalische Erziehung von Grundschülern an Schulen von NSW kümmert. Nach einer dreißigjährigen Karriere als Musiker stellt Andrew Robertson nun erstmals ein Album als Bandleader zur Diskussion, mit und ohne Streicher in einigen der eingespielten Tracks. Dabei wurden mehrheitlich Standards arrangiert und Barry Sullivan schrieb in „Jazz&Beyond“ über das Album und den Bandleader: „He chooses not to play it big and bold, instead going deeper inside himself and bearing a more sensitive soul, as well at times going outside the box to reach the emotions he is projecting, at all times prioritising melody and vibe.“
Aufgemacht wird das Album mit „Fried Bananas“, aus der Feder des Tenorsaxofonisten Dexter Gordon stammend, ehe dann „Our Man In Moss Vale“ erklingt, wohl eine Anspielung auf Dexter Gordons „Our Man In Paris“, Weiter geht es mit „I Didn't Know What Time It Was“ (Richard Rodgers), Teil des Musicals „ Too Many Girls“ (1939) und unter anderem von Charlie Parker für das Album „Charlie Parker and Strings“ eingespielt. „Juan For Don“ ist dem australischen Saxofonisten und Flötisten Don Burrows gewidmet. Schließlich hören wir noch „Pure Imagination“, „Just One Of Those Things“ und zum Schluss „Stardust“.
Also, lassen wir uns erst einmal gebackene Bananen auf der Zunge zergehen, oder was? Mit gewissem Swing eröffnet Andrew Robertson das Stück, stark rhythmisch unterstützt von Andrew Dickeson. Dabei entlockt Robertson seinem Holzbläser die sonoren Seiten für das melodische Auf und Ab. Jenes erinnert an den Flug eines bunten Falters auf der Nektarsuche. Nun ist es nicht so, dass Robertson als Bandleader das Arrangement allein auf sich zugeschnitten hat. Nein, die Rhythmusgruppe wird auch in den Fokus gerückt, vor allem in einem Solo mit dem Pianisten John Harkins, der mit seinem perlenden Tastenspiel zu überzeugen weiß. Und dann sorgt Andrew Dickeson in einem Zwischenspiel für Verwirbelungen, ehe dann wieder Robertson das musikalische Zepter schwingt. „Our Man In Moss Vale“ hat durchaus etwas von dem Duktus und Modus, den Nat und Cannonball Adderley an den Tag legten. Ein Highlight in diesem Stück ist das mitreißende Trompetensolo von Simon Ferenci! Ebenso gekonnt ist dann der „Nachgesang“ von Robertson auf Ferenci. Und im Hintergrund macht sich der Pianist mit feinen Klangakzenten bemerkbar. Diese fließen dann in eine Tasten-Kaskadierung ein, die auch „Kehrwasser“ und „Strudel“ kennt. Hier und da bekommt man gar den Eindruck von Jive.
Beinahe als Ballade erscheint Richard Rogers „I Didn't Know What Time It Was“. Mitgenommen werden die Zuhörer von den weichgezeichneten Saxofonklängen und angedeutetem Swing. Man achte in diesem Punkt auch auf die Rhythmusgruppe und nicht nur auf den „Master of the Saxophone“. Einen „Moment der Stille“ bzw. der Kontemplation erlebt man danach beim Solo von Brendan Clarke am Kontrabass, dessen Saiten durchaus lang schwingen. Ihm folgt dann in einem Solo der Pianist, der bildhaft gesprochen die Frühlingstöne erklingen lässt. Abgerundet wird das Stück durch Robertsons Spiel auf dem Tenorsaxofon (?).
Ob man nach dem Hören von „Juan for Don“ Einspielungen von Don Burrows anhört, muss jeder selbst entscheiden. Bei dem genannten Track geht es zunächst nur indirekt um Burrows, vor allem aber um Robertson & Co. Also: Leicht und beschwingt ist das, was Robertson auf der Flöte spielt, ehe es dann an Simon Ferenci ist, mit seiner Trompete eine gänzlich andere Färbung anzufügen. Leichter Latin-Rhythmus ist im Hintergrund zu verspüren. Danach ist wieder Andrew Robertson an der Reihe. Sein „Flötengesang“ erscheint so schwerelos wie der Flug von Mehlschwalben. Selbst der Bassist löst sich im anschließend eingefügten Solo von seiner Erdigkeit. Sehr gelungen ist das Zwiegespräch von Trompeter und Flötist gegen Ende des Stücks.
Der Rezensent gesteht, dass Jazz mit Streichern nicht das ist, was er von Jazz erwartet. Insbesondere die Melange von Streichern und Flötenspiel in „Pure Imagination“ erscheint eher der Welt des Musicals und klassischen amerikanischen Revuefilmen zu entspringen. Das muss man schon mögen. Abschließend noch ein Wort zum Schlusstrack „Stardust“. Auch in diesem Stück stehen die Streicher im Fokus, sind Begleiter der sanften Sequenzen, die der Saxofonist uns präsentiert. Wie gesagt, das ist nicht jedermanns Geschmack.
Für alle, für die Mainstream kein abwertender Begriff zur Charakterisierung von Jazz ist und für diejenigen, die Straight Ahead Jazz schätzen, ist das Album gewiss dazu angetan, es in vollen Zügen zu genießen. Bisweilen jedenfalls fühlt man sich ins Ambiente des Films „Round Midnight“ versetzt, oder?
© fdp
Infos
Line-up
Andrew Robertson - Saxophones/Flute
Simon Ferenci - Trumpet/Flugelhorn
John Harkins - Piano
Brendan Clarke - Acoustic Bass
Andrew Dickeson - Drums
Michele O'Young - Violin
Veronique Serret - Violin
Jacqui Cronin - Viola
Andy Hines – Cello
www.andrewrobertson.net
https://andrewrobertsonjazz.bandcamp.com/releases