Andreas Heuser, Jan Bierther - Windy City
A
Makro Musikverlag
Folgende Worte findet man über das Gitarrenduo Heuser/Bierther: „Die Musik des Duos Andreas Heuser, Jan Bierther speist sich aus vielfältigen Einflüssen: Jazz, Fusion, Globale Musik, Latin, Klassik verbinden sich in den Eigenkompositionen der Gitarristen zu einer höchst spannenden und abwechslungsreichen Mixtur. Das sehr individuelle Spiel der Musiker Andreas Heuser und Jan Bierther ergänzt sich in der Verschiedenartigkeit ihrer musikalischen Ansätze perfekt. Ihre rhythmisch wie melodisch ausgefeilten Kompositionen versprühen den diskreten Charme langjähriger Vertrautheit und entfalten dabei einen eindringlichen Zauber …“.
Die vorliegende Veröffentlichung ist mitnichten die erste des Duos. Ob Wellington, bekannt als „windy city“ bei der Wahl des Albumtitels Pate stand, darüber kann nur spekuliert werden. Das Cover jedenfalls zeigt Heißluftballone, die über eine „Hundertwasser-Stadt“ gleiten. Also hat das Album doch etwas mit Neuseeland zu tun, wo Friedrich Hundertwasser zeitweilig lebte?
Nun gut, jetzt aber zu den Tracks, die jeweils zur Hälfte von den beiden Gitarristen komponiert wurden. Um es mal vorwegzunehmen, die Ballons auf dem Cover unternehmen mit den Hörern keine Weltreise, sondern nehmen uns mit auf eine „Reise der schönen Melodie“, die hier und da auch von Flamenco-Anmutungen bestimmt ist. Zunächst folgen wir der „Black Cat“, stets genau hinhörend, welche Rolle die akustische und die elektrische, semi-akustische Gitarre spielt. Virtuos und feinst im Saitenspiel ist das, was uns zu Gehör gebracht wird. Einer der beiden Gitarristen übernimmt wohl die Rolle, das behutsame Setzen der Pfoten ins Szene zu setzen. Der zu hörende samtene, dunkle Klang, scheint genau auf den umsichtigen Katzengang zu passen. Über diesem „Bassklang“ legt der andere Gitarrist ein Saitenspiel, das eher an das verspielte Herumtollen von kleinen Kätzchen denken lässt. Derweil ist die Mutter Katze auf Nahrungssuche, bedacht darauf, beinahe unhörbar sich an die Beute heranzupirschen.
Übrigens, jedweder Vergleich mit den Jazzlegenden Joe Pass oder Jim Hall verbietet sich beim Hören des Gitarrenduos ebenso wie der Verweis auf Jeff Beck, Eric Clapton oder Peter Green. Doch halt, ein wenig Clapton jenseits von Cream meint man schon herauszuhören, wenn Andreas Heuser in die Saiten greift. Oder drängt sich nicht eher Paco de Lucia sowie der eine oder andere Volkslied-Barde als Vergleich auf?
Singer/Songwriter trifft auf das Stück „Endlich 7“ bedingt zu. Wie bei “Black Cat“ pflegen die beiden Musiker einen distinkten musikalischen Erzählstil. Einen solchen kennt man ansonsten nur von Liedermachern, wie sie in den USA und anderswo in den 1970er Jahren sehr populär waren. Man meint beim Zuhören gar, man sei in einer Achterbahn bei schönstem Sommerwetter unterwegs und genieße das Leben, unbeschwert und losgelöst. Szenen mit Surfern und Kitesurfen sowie von Männer mit nackten Oberkörpern beim Rollerskating drängen sich bei dem einen oder anderen Zuhörer auf. Zugleich meint man, die beiden Musiker haben die Winde eingefangen, die übers Mittelmeer hinweg nach Europa wehen, so wie der Scirocco. In dem vorliegenden Stück übernimmt einer der beiden Gitarristen die rhythmische Durchwebung des Stücks, während der andere auf „melodischen Höhenflügen“ unterwegs ist. Die aufgehellte Stimmung und die in Pastellfärbungen schwärmende Musik setzen sich in „Extra Dry“ fort. Und bisweilen scheint auch „Friday Night in San Francisco“ sehr nahe, oder? Wer noch nicht seine Mitte gefunden haben sollte, der findet sie bestimmt beim Hören der Musik, in die man sich versenken kann. Nein, meditativ ist sie nicht, aber Kontemplation verheißt sie.
Bei „On The Train“ hört man wirklich das Rollen des Zuges über die Schwellen, auch die stete Beschleunigung ist wahrnehmbar. Nur das durchdringende Pfeifen einer Dampflok ist nicht auszumachen. Es mischen sich in dem Stück ein wenig Blues-Last mit Fingerpicking, oder? Und auch Flageolett ist ab und an mit im Spiel. Nachhaltig ist ein „rotierender Saitenklang“ auszumachen. Flamenco oder nicht – das fragt man sich bei „Usignolo“. Das Klacken der Haken der Flamencotänzer fehlt ebenso wie „¡Oye!“ und „Olé“, aber die rhythmische feurige Komponente dieser spanischen Musik ist vorhanden, auch die Imitation von Kastagnetten, ganz abgesehen von den perlenden Melodielinien. Neben einer schwarzen Katze widmet sich das Duo auch einer „Red Cat“, ein Stück mit einer balladenhaften Konnotation. Ist da nicht auch ein wenig pure Popmusik zu hören, die ohne elektronische Effekte auskommt? Der Begriff handgemachte Musik fällt dem Hörer nicht nur bei diesem Stück zur Kennzeichnung des Gehörten ein. Da klingt die Gitarre noch wie eine Gitarre, fehlen Loops und Distortion, ebenso wie auch in „Meet and Greet“. Hören wir nicht Musik von den Festen zwischen Valencia und Sevilla? Keine Frage, der Flamenco wird von beiden Gitarristen zelebriert, ohne Manitas de Plata, Paco de Lucia oder Tomatito zu kopieren. Heuser und Bierther sind eben Heuser und Bierther. Zuletzt sind wir musikalisch in der „Windigen Stadt“. Doch wir hören kein Windrauschen, kein Sturmpfeifen oder eine heftige Boe, sondern eher ein laues Klanglüftchen, das da weht. Bis zum letzten Takt ist das vorliegende Album ein Ohrenschmaus. Beim Hören kann man den Ernst des Alltags vergessen und schwebt gleichsam beflügelt durch die Klangwolken, die uns das Gitarrenduo in himmelblauen Tönungen malt.
© ferdinand dupuis-panther
http://www.andreasheuser.com/andreas-heuser-jan-bierther.html
Tracklist
1. Black Cat 06:08
2. Endlich 7 04:15
3. Extra Dry 05:27
4. On the Train 04:04
5. Usignolo 04:12
6. Red Cat 05:51
7. Meet and Greet 04:57
8. Windy City 05:33
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