Andreas Hertel Trio: Keepin' The Spirit
A
Laika Records
Für die aktuelle Einspielung hat sich der Pianist Andreas Hertel die Kontrabassistin Lindy Huppertsberg und den Drummer Jens Biehl gesucht. Als Gäste treten der Trompeter und Flügelhornist Dusko Goykovich und der Tenorsaxofonist Tony Lakatos in Erscheinung, so bei den ersten beiden Kompositionen von Andreas Hertel: „Ratz-Fatz“ und „I‘d Like To Know“. In der Presseinformation des Labels finden wir folgende Zeilen: „ 'Keepin‘ The Spirit' – ein Titel, wie er passender nicht gewählt sein könnte. Das neue Album des Wiesbadener Pianisten Andreas Hertel steht im Geist und in der Tradition der Blue Note Ära. Und Hertels Stücke strahlen die gleiche Leichtigkeit und Spielfreude aus, wie sie für zahlreiche Jazzlegenden der 1950er und 1960er Jahre typisch war. Ob Miles Davis, Bill Evans, Oscar Peterson, Duke Ellington oder Charlie Parker - sie alle hatten eine besondere Gabe: Musik zu komponieren, die Tiefgang und Niveau hatte und das Publikum zugleich aufs Beste unterhielt.“ Dabei hat es Hertel gekonnt geschafft, seine eigenen Kompositionen mit Standards aus der Geschichte des Jazz, man denke da an Oscar Petersons „Blues for H.G.“, zu verbinden. Machen wir uns also auf die akustische Spurensuche nach Miles, Bill Evans und den anderen genannten Giganten des Jazz, die zwischen Hertels Noten hervorscheinen.
„Ratz-Fatz“ geht gleich richtig ab, dank auch an Tony Lakatos und Dusko Goykovich, die beide solistisch brillieren. Mit dieser Komposition Hertels wird wirklich der Geist der 40er und 50er Jahre heraufbeschworen. Das dürfte ganz im Trend liegen, da mehr und mehr Jazzmusiker, so auch der sehr bekannte Posaunist Nils Wogram, die Wurzeln des Jazz in aufgefrischtem Gewand zum Besten geben. Dabei steht nicht im Vordergrund, diese Standards so zu modulieren, dass sie dem aktuellen Zeitgeist von Free Jazz und Improvisation entsprechen. Im Gegenteil, Nils Wogram beispielsweise setzt sich vehement dafür ein, die Pop-Songs aus der Jazzgeschichte, die durchaus auch als simpel anzusehen sind, eben als solche zu präsentieren. Übrigens, bei „Ratz-Fatz“ scheint es so, als würde Andreas Hertel am Piano wirklich in seinem Spielduktus in die Fußstapfen von Oscar Peterson treten. Ist bei diesem Stück nicht auch die Musik der Adderley Brothers gegenwärtig? Auch der nachfolgende Titel namens „I'd like To Know“ lässt Erinnerungen an die glorreichen Zeiten von Bebop und Modern Jazz aufkommen. Dazu gehört, dass die Musik schwingt – und wie! Zugleich ist aber auch das lyrische Moment nicht zu überhören.
Nachfolgend hat sich die Band um Andreas Hertel den „Blues for H.G.“ vorgenommen. Im Mittelpunkt des Arrangements stehen das Piano und das „wilde Geklimper“ auf den Tasten. Dazu gesellt sich ein solistisch eingestellter Bass, der gezupft den Blues vor den Zuhörern ausbreitet. Im Hintergrund setzt Andreas Hertel dazu wohl platzierte Akzente, wenn er wieder das Zepter in die Hand nimmt und dem Blues freien Lauf lässt. Zeitweilig meint man gar, das Spiel von Andreas Hertel sei auch von Rock 'n Roll beseelt.
Welche Hochachtung der Pianist Andreas Hertel vor den Titanen des Jazz hat, spiegeln Titel wie „Waltz for Bill“ – gemeint ist Bill Evans – und „One for Charlie“ – gemeint ist Charlie Parker – wider. Sehr bedächtig, fast schon behäbig entwickelt sich der Walzer für Bill. Dabei steht Andreas Hertel am Piano weitgehend im Fokus. Eng tanzende Paare hat man beim Zuhören eher vor Augen als ausladende Walzerschritte. „One for Charlie“ überzeugt aufgrund des sehr energetischen Klavierspiels von Andreas Hertel.
In „All My Life“ - auch eine Komposition von Andreas Hertel, wird überaus deutlich, welch ein Weltklassemusiker der unterdessen 84-jährige Dusko Goykovich ist. Man lausche nur seinem gereiften Trompetensolo! So wie ein guter Wein reift, so reift auch der eine oder andere Musiker mit dem Alter. Was übrigens für Goykovich gilt, gilt auch für den Saxofonisten Tony Lakatos, der nach dem Solo Goykovichs an der Reihe ist. So swingen wir mit diesen beiden Ausnahmemusikern durchs Leben, wenn auch nur für einige Minuten. Abschließend noch ein O-Ton Hertels: „Tony ist einfach ein phänomenaler Saxofonist. Bei ihm ist jeder Ton auf den Punkt und klingt genau so, wie er klingen muss. Da reicht ein Wort: Weltklasse!“
Zum Schluss: Danke für diese sehr gelungenen Aufnahmen. Gewiss sie sind im Geiste dessen gehalten, was teilweise heute auch ein wenig abwertend als Old School klassifiziert wird. Sehr zu Unrecht, so finde ich. Schließlich gilt es, den Geist des Jazz der späten 40er und 50er Jahre wachzuhalten: „Keepin' the spirit“ heißt das vorliegende Album nicht umsonst.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Laika Records
http://www.laika-records.com
Musiker
Andreas Hertel
http://www.andreashertel.de/