Aki Rissanen Trio - Art in Motion
A
Edition Records
„Art In Motion“, also „Kunst in Bewegung“, ist das jüngste Album des finnischen Pianisten Aki Rissanen mit seinem Trio, zu dem der Bassist Antti Lötjönen und der Drummer Teppo Mäkynen gehören. Keine Frage, wie auch in Alben zuvor negiert Aki Rissanen seinen Ursprung aus der klassischen Musik nicht und mischt diese mit elektronischer Klangästhetik und einer Prise Nordic Jazz jenseits von „Fjord Sound“!
Zu Gehör bringt uns das Trio nachstehend genannte Kompositionen, zunächst „Aeropeans“ aus der Feder von Aki Rissanen, nachfolgend dann „Facts And Fiction“, geschrieben von Teppo Mäkynen, und „Moro lasso al mio duolo“, eine Komposition des Renaissance-Komponisten Carlo Gesualdo. Statt des „Wohltemperierten Klaviers“, einer Sammlung von Fugen und Präludien Bachs, hören wir „Das Untemperierte Klavier“ (Aki Rissanen). Auch „Arborium“ ist dem finnischen Pianisten zu verdanken. Aus dem „Cantus Arcticus“, einem Konzert für Vögel und Orchester, präsentiert uns das Trio „Melancholy“. Das Opus wurde von dem 2016 verstorbenen finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara geschaffen und unterstreicht, das klassische Musik aus Finnland nicht mit Jean Sibelius allein gleichzusetzen ist. Auch die letzten drei Kompositionen sind Werke Aki Rissanens, so „Seemingly Radical, „Love Song“ und „Alava Maa“.
O-Ton Aki Rissanens zum aktuellen Album: “We explore the roots of the current European jazz music from the outskirts of Europe, with our perspective as Finnish artists with Nordic, Slavic and Western European heritage”. Angesichts dieser Aussage wird man seine Aufmerksamkeit auf jene Facetten der europäischen Musik zu richten haben, wenn man das aktuelle Album hört.
In den Liner Notes schreibt der finnische Pianist zum vorliegenden Album: „Art In Motion is a word play around the initials of Aki Rissanen Trio - A.R.T as well as referencing the influence of art music from the European repertoire. There is a cover by Italian Renaissance composer Carlo Gesualdo and one by contemporary Finnish composer Einojuhani Rautavaara, whilst my compositions refer to Satie, Pergolesi, Bach, Ligeti and Stravinsky to name a few.“
Eine „Saitenflucht“, kurz und nervös, dazu eine beinahe erdige Klavierpassage zu Beginn, die sich aus der Bodenhaftung befreit, herumschwirrt, perlt, tröpfelt, kaskadiert und dann auch hier und da bewusst musikalische Pflöcke einschlägt. Konstante ist das beinahe an Techno erinnernde Spiel des Bassisten und des Drummers, in das dann auch Rissanen für wenige Momente einfällt. Dieser verliert sich aber zudem in kristallinem Diskant, sodass sich musikalische Spreizungen ergeben. „Besungen“ werden nicht die Europäer, sondern die „Aeropeans“, die Bewohner der Lüfte sozusagen, die, so scheint es uns Rissanen zu suggerieren, Spielball der Thermik sind.
Drummer und Bassist eröffnen „Facts and Fiction“, dabei sich in einem langsamen Fluss bewegend. Auch Rissanen ist bei seinen Setzungen eher lyrisch unterwegs. Flache Linien vernehmen wir, also keine großen dramatischen Amplituden. Dass bedeutet aber keineswegs, die Musik würde belanglos dahinplätschern. Eher drängt sich im Verlauf des Vortrags das Bild einer Kette von Strudeln auf.
„Das Untemperierte Klavier“ scheint Rissanens Antwort auf Meister Sebastian Bach zu sein. Dabei adaptiert der finnische Pianist auf seine eigene Art das Konzept der Fuge, begleitet von einem sehr nervösen Drumming in der Endlosschleife.
„Melancholy“ ist dem bereits oben erwähnten „Cantus Arcticus“ entlehnt. Ähnlich wie Olivier Messiaen („Katalog der Vögel“) hat auch Einojuhani Rautavaara ein Werk für Vögel und Orchester verfasst. Diesem Werk widmet sich auf dem aktuellen Album auch das Trio Rissanens. Bereits bei den ersten Tönen, die Rissanen dem Grand Piano entlockt, spürt man eine gewisse Schwere, beinahe schon eine depressive Stimmung, in die auch der Bassist verfällt, sobald er zu Rissanen dazustößt. Bleiern scheint die Zeit, die musikalisch erfasst wird. Nur kurz sind die Lichtblicke, wenn der Bassist nach einer „Einführung“ durch Rissanen zart die Saiten zupft, oder Rissanen Diskantes zum Besten gibt.
Zum Schluss noch ein Wort zu „Love Song“: Sprunghaft scheint die Liebe zu sein, folgt man den Linien, die Rissanen spielt. Man könnte das Spiel der beiden Hände des Pianisten auch mit einem Hin und einem Her vergleichen getreu von „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, sie ...“. Gelegentlich drängt sich dem Hörer außerdem das Bild auf, dass der Liebe auch Ungemach droht, so „bedrohlich“ erscheint das, was die Basshand Rissanens spielt. Die andere Hand scheint eher das verspielte Flirten in höchsten Tönen zu erfassen. Und dann, ja dann, scheint auch noch Dramatik kurz vor Ende des Stücks angesagt! Liebesende?
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Aki Rissanen
https://www.facebook.com/AkiRissanenMusic/
http://akirissanen.com/
https://www.jazzhalo.be/interviews/aki-rissanen-interview-with-the-finnish-pianist/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/a/aki-rissanenrobin-verheyenmarkku-ounaskari-aleatoric-songs-for-solstice/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/a/aki-rissanen-jussi-lehtonen-quartet-with-dave-liebman/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/a/aki-rissanen-amorandom/
Referenz
Cantus Arcticus
Label