Adriano Lanzi - You are never alone with the Lemurian Broadcasting Company
A
Off Records
2008 wurde das einzige Album der italienischen Jazz-Rock-Band El Topo mit dem Gitarristen Adriano Lanzi veröffentlicht. Nun, Jahre später, liegt ein Soloalbum Lanzis bei Off Records vor. Lanzi spielt dabei nicht nur Gitarre, sondern auch Bass und ist für die elektronischen Effekte zuständig.
Neben El Topo engagierte sich Lanzi zwischen 1996 und 2003 in verschiedenen Weltmusik- bzw. Afro-Jazz-Projekten mit dem Kora-Spieler Siriman Pape Kanouté, der die westafrikanische Harfe in Italien popularisiert hat. Mit dem Beginn des Jahres 2001 startete Lanzi seine bis heute anhaltende Solokarriere. Dabei war und ist er auch als Begleiter für nachstehende Stummfilme zu hören: Der Golem, Man with the Movie Camera, Nanook of The North, Sunrise, Nosferatu, Tabu, The Lodger, The Passion of Joan of Arc sowie October. Gelegentlich tritt er auch mit der Post-Punk-Noise-Psychedelic-Band Ectogram und Geoff Leigh auf, der für seinen Progressive Rock und Impro-Musik bekannt ist.
Hören wir doch mal, was Adriano Lanzi über das aktuelle Album selbst sagt: "I polished out a number of tracks for my solo project. I must say it might turn to be a not-so-long album, some 39 minutes like in the old days. Anyway it will consist of tracks made just with one instrument (a polyphonic synth, with arpeggiators, variously modulated) and there will be just one piece with external sounds too (a guitar drone, very "thin", and a processed drum loop from a jazz drum solo, from god knows where now). Nevertheless, even if I have set the loudness peaks at more or less the same level for all pieces, they are all rather different in terms of the "fatness" of sound and dynamic range. Some of them "pump" more (and continuously), others less, and they are meant to be like that because they are made of much more spacious and sparse layers of sounds. "
Aufgemacht wird das Album mit „Gotcha“ und „Fontana“. Zu hören sind außerdem Tracks wie „Leibniz“ und „Lemurian Broadcasting Company“. Eines der längsten Stücke der aktuellen Einspielung ist das mehr als zwölfminutige „Amniotica (a Phillip K. Dick)“. Mit „Dentro, un poco nervosamente“ und „Un'altra strada“ wird das Album abgerundet.
Intensives Getrommel mit Nachhall eröffnet „Gotcha“. Dazu kommt dann eine schnurrende Klangschliere, über die sich eine feine Linie legt, die klanglich nahelegt, dass Lanzi seine Gitarre anstimmt. Allerdings könnte man auch meinen, ein Synthesizer würde Klangschraffuren zeichnen. Einem schrillen Glockenklang gleichen Teile von „Fontana“. Dazu kommen dann dumpfer Trommelschlag und ein gelegentlich hochtöniges Wimmern. Auffallend sind die durchgehend präsente Rhythmisierung und die Klangkaskaden, die im Bild gesprochen einem stufigen Wasserspiel gleichen. In einen Klangfluss gebettet ist „Leibniz“. Man kann im melodischen Verlauf durchaus an das Bild tanzender Papierdrachen im Wind denken. Frequenzüberlagerungen, Schnarren und Knarren, Fiepen und ein Wechselspiel der Elemente einer Klangcollage machen „Little Robot Waltz“ aus. Hören wir da nicht auch das im Diskant verharrende Spiel eines Keyboards? Durchgehend dringen dazu scharfe Rhythmuskanten an unser Ohr.
„Amniotica“ ist im Verlauf auf einem wabernden, einsilbigen und sehr dominanten Orgelklang aufgebaut. Hier und da wird dieses Klangbild von ätzenden Klangfäden durchbrochen. Dabei drängt sich das Bild auf, ein verstimmtes Hammerklavier wäre in den Fortgang des Tracks eingebunden. Momente von Trance drängen sich dem Zuhörer auf, der allerdings auch auf einen Höhepunkt der Klangentwicklung wartet. Zu sehr ist das musikalische Konzept in einfachen Strukturen befangen. Redundanzen machen sich breit und ermüden bisweilen. In einem Graphen würde man das Klangbild linear abbilden. Es fehlen halt dramatische Ausschläge.
„Dentro, un poco nervosamente“ gibt sich in den Klangformen wie ein verfremdetes Gamelan-Orchester. Vom metallischen Klang her meint man allerdings zudem, man lausche vielleicht einem Vibrafon, das wellige Melodieflächen präsentiert.
Eher an die harten Beats von Techno und Acid erinnert „More Snobs To Twirl“. Zuletzt sei noch auf „Un'altra strada“ hingewiesen. Angesichts der schrillen Tonhöhen werden die Gehörknöchelchen strapaziert. Werden mit Wasser gefüllte Gläser angestimmt? Kurz angebunden sind dazu die rhythmischen Untermalungen. Sehr abrupt endet das Stück, das wie andere auch einer sehr linearen Ausgestaltung hingegeben ist.
text © ferdinand dupuis-panther 2020
Informationen
https://stilll-off.bandcamp.com/album/you-are-never-alone-with-the-lemurian-broadcasting-company
http://www.circuiterie.com/index.php/en/adriano-lanzi-2