Adam Simmons – Zatoczka: Tribute To Komeda
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Fat Rain Music
Nach seinem Studienabschluss im Jahr 1992 arbeitete der Klarinettist und Saxofonist Adam Simmons mit nachstehend genannten Musikern und Ensembles zusammen, so u.a. mit Ernest Ranglin, Nigel Kennedy, Peter Brötzmann, Ned Rothenberg, John Hollenbeck, Alessandra Garosi, Odean Pope, Denis Colin, bucketrider, The Pearly Shells, BOLT Ensemble, Bennetts Lane Big Band, Spiderbait, Kutcha Edwards, You Am I, Gotye, Clocked Out, Tony Gould, Sandy Evans, Roger Frampton, John Pochee, Noriko Tadano, Wang Zheng Ting, David Jones, Ted Vining, David Chesworth, Clinton Green, Niko Schauble und Pugsley Buzzard.
Nach der Herausgabe einer mehrteiligen CD-Box namens „The Usefulness of Art 2017-2018“ widmet sich der in Melbourne beheimatete Musiker gemeinsam mit dem Videokünstler Jean Poole und dem achtköpfigen Creative Music Ensemble nun der Filmmusik des polnischen Pianisten und Komponisten Krzyzstof Komeda (1931-1968). Bekannt? Unbekannt? Sicherlich nicht so bekannt wie Ennio Morricone, der Musik für Filme wie „Zwei glorreiche Halunken“ (Original: Il buono, il brutto, il cattivo), „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Cinema Paradiso“ und „ The Hateful Eight“ schrieb. Dass Jazzmusiker für Filme Musik schufen, ist bekannt – man denke an Miles Davis und „Fahrstuhl zum Schafott“ –, aber Komeda kennen nur Cineasten und Filmmusikkenner. Komeda hat Filme wie „Messer im Wasser“ und „Rosemary's Baby“ mit Musik untermalt. Das 1965 erschienene Jazzalbum „Astigmatic“ gilt als Meilenstein in einer europäisch geprägten Jazzästhetik. Simmons ist beileibe nicht der erste australische Jazzer, der Komeda für sich entdeckt hat. Zuvor hat die Pianistin Andrea Keller gemeinsam mit Miroslav Bukovsky „The Komeda Project“ eingespielt.
Alle Werke mit Ausnahme der von Simmons komponierten Zwischenspiele stammen von Komeda, der vielfach als der wichtigste Jazzer Polens bezeichnet wird. Letzteres lassen wir mal unkommentiert so stehen. Der Albumtitel lautet in dt. Übersetzung kleine Bucht; auf dem Plattencover wird allerdings das englische Wort „creek“, dt. Bach, angegeben. Auch dies lässt sich vom Rezensenten nicht aufklären. Mit einem Thema aus dem Film „Rosemary's Baby“ - in der Hauptrolle Mia Farrow - eröffnet das Album: „Sleep Safe and Warm“. Es folgen zwischen den Hauptstücken wie „Crazy Girl“, „Roman II“, „Vampires to Crypt“ oder „Latania“ immer wieder Zwischenspiele.
In „Rosemary's Baby theme“ dringt zunächst lyrischer Klavierklang ans Ohr des Hörers, ehe Deborah Kayser ihre Stimme erhebt. Textliches spielt für sie keine Rolle, da ihre Stimme einer vokalen Ergänzung der dahinströmenden Klavierpassagen gleicht. Das nachfolgende Interlude ist kurz und leitet mit Flötengezwitscher zu „Crazy Girl“ über. Dominierend ist in diesem Stück ein Saxofon, das nicht schilpt oder piepst und auch nicht schnarrt, sondern eher schnurrend, röchelnd und gurrend seine Klanglinien entwickelt. Raschelnd macht sich das Schlagwerk bemerkbar und der Pianist lässt Klangspringbrunnen sprudeln.
Sehr schmeichlerisch kommt „Ballad for Bernt“ daher. Wie ein schmales Rinnsal so ergießen sich die Tastenfolgen, die der Pianist Tony Gould uns zu Gehör bringt. Dabei ergeben sich auch Klangstrudel und Klangringe. Das Altsaxofon als melodischer Agent? – das im weiteren Verlauf die Frage. Unaufgeregt ist der Holzbläser ohne Frage. Im zweiten Zwischenspiel vernimmt man nervöse Bläser und ein eher agitierendes Schlagwerk mit Besenwirbeln auf Fellen und zeitweilig kreischenden Blechen.
Mit dem Vibrafon wird in „Roman II“ eine neue Klangfärbung präsentiert. Diese mischt sich mit der Vereinigung der Bläser, die nach Fanfarenzug klingt. Zugleich hat man vom Melodiefluss den Eindruck, man unternehme eine Zeitreise, die uns zu den Adderley Brothers und Milt Jackson führt. Das Röhren eines Tenorsaxofons dringt nachhaltig ans Ohr des Zuhörers, begleitet von enthusiastischem Schlagwerk. Modern Jazz wird verströmt, oder? Auch eine eher krächzende und aufgeregt erscheinende Trompete ist mit im Spiel, dank an Gavin Cornish. Nico Schaub le agiert derweil wild an seinem Schlagzeug. Und im Hintergrund ist der Bassist Howard Cairns auszumachen, der dann allerdings auch als Solist in den Vordergrund gerückt wird. Durchaus tänzerisch agiert der Bassist, ehe dann die Bläser die musikalische Regie übernehmen und der metallische Klangfluss des Vibrafons das Stück abrundet.
„Astigmatic“ ist auch auf dem Album verewigt worden. Perlend ist das Vibrafon aktiv. Dazu gibt es zartes Beckenspiel als Zusatz. In einem Bild denkend, muss man an ein stillstehendes Gewässer im Mondschein denken. Nur ab und an streift der Wind die Wasseroberfläche und lässt Welligkeit entstehen. Aufbrausend ist das, was der Trompeter zum Stück beiträgt. Blechgeschwirr tritt auf und nimmt den Klangraum ein, ehe die Sticks über die Felle und den Rand der Trommeln huschen. Anschließend ist es am Vibrafonisten und dem Rest des Ensembles das Grundthema anzustimmen. Dabei drängen sich die Bläser mehr und mehr auf, entäußern sich und verlieren sich in Klangeskapaden, die teilweise an Weillsche Kompositionen erinnern.
Nach dem dritten Zwischenspiel folgt dann „Vampires to Crypt“. Beinahe einem Sirenengesang gleicht das, was Deborah Kayser in die musikalische Gestaltung einbringt. Ihre Sopranstimme trägt weit, klingt ein wenig zerbrechlich und lässt im Ansatz an sakralen Gesang denken. Ist es der klagende Gesang der Vampire, die mitternächtlich ihren Gruften entsteigen und Jagd auf Menschen machen? Getragen, beinahe einem Requiem gleichkommend, erscheint zunächst „Litania“. Hören wir im Weiteren nicht den Wechselgesang zwischen Vorbeter und Gemeinde, wie in der katholischen Liturgie üblich? Im vorliegenden Fall schlüpft wohl der Trompeter in die Rolle des Vorbeters, abgelöst von Deborah Kayser mit ihrem vokalen Beitrag. Dieser wird im Anschluss von den Bläsern kommentiert.
Und zum Schluss heißt es: „Sleep Safe and Warm – Reprise“.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
Line-up
Adam Simmons – conductor, woodwinds
Gideon Brazil – saxophones, flute
Cara Taber - saxophones
Gavin Cornish – trumpet
Niko Schauble – drums
Nat Grant – percussion
Howard Cairns – double bass
Guests
Tony Gould – piano
Deborah Kayser – voice
www.adamsimmons.com
https://fatrain.bandcamp.com/album/zatoczka-tribute-to-komeda
Andrea Keller/Miroslav Bukovsky The Komeda Projekt siehe Review HIER