Adam Matlock - Solo Piano
A
Off records
Adam Matlock ist ein klassisch ausgebildeter Akkordeonist, der im Jazz, in der Neuen Musik und im Pop zuhause ist. Außerdem verbringt er viel Zeit mit improvisierter Musik. Dabei fokussiert er sich in seinen Soloauftritten auf das Piano, so auch im Falle von 'Improvisation 32517', die fast eine halbe Stunde dauert und dem Hörer ein gewisses Maß an konzentriertem Zuhören abverlangt.
Jazz und Improvisationen sind eigentlich ohne Interaktion nicht denkbar. Nun ja, vielleicht doch, sozusagen als Interaktion der linken und der rechten Hand, oder? Die ersten Klangformationen, die uns Adam Matlock vorstellt, sind in einen sehr konzertanten Kontext gestellt. Dem Springen über Stromschnellen gleicht das, was wir hören. Von einer starken Basshand ist nichts zu vernehmen. Doch immer wieder scheint Matlock in den Korpus des Pianos zu greifen und die Saiten mit den Fingern zu zupfen oder auf diese mit der Hand zu schlagen, um dann sogleich die Klangfarben erneut zu mischen. Sprudelnd wie eine Quelle und in die Höhe schießend wie eine Fontäne mutet an, was wir zu hören bekommen. Hier und da mischt sich auch mal ein basslastiger Akzent unter den tonalen Fluss. Brodelnde Tiefen nehmen wir wahr. Fingernägel streichen direkt über die Saiten im Pianokorpus, derweil die linke Hand eine „Basstreppe“ baut, gleichsam als Fundament für die Rechte, die auch das Trällern kennt.
Die dunkle Klangkaskade bewegt sich voran, trifft auf Hindernisse, umspült sie, überspielt sie. Selten verliert sich Matlock im Diskant und wenn, dann als „Kontrapunkt“ zu den basslastigen Segmenten der Improvisation, die durchaus von thematischen Schemen durchzogen ist, auf die der Pianist immer wieder zurückkommt. Zur Mitte der Improvisation wird diese freier, kommt es zu einem Dialog von Basslastigkeit und diskanter Ausuferung. Klangstrudel provoziert Adam Matlock. Der Sog breitet sich aus, nimmt Raum ein. Perkussives dringt an das Ohr des Zuhörers. Schlagen da Handflächen auf die Saiten im Korpus? Was folgt, scheint in den Klangfärbungen an ein Hammerklavier oder Cembalo angelehnt zu sein.
Nur selten scheint die Tastatur des Pianos von Bedeutung. Vielmehr sind es die Manipulationen an den im Korpus verspannten Saiten, welche die Klangstruktur bestimmen. Manchmal klingt es auch danach, dass das Piano gestimmt werden muss und Bleche im Korpus liegen, die beim Anschlag der Tasten hoch- und niederspringen.
Das Spiel wird nach und nach zerrissener, um dann im nächsten Moment wieder ins Fließen gebracht zu werden. Leichtes Brodeln ist auszumachen, so als köchele etwas vor sich hin. Und dann setzt eine konzertante Passage ein, die zwischen Etüden und Nocturne changiert. Im weiteren Verlauf vermeint man, einem klanglichen Hürdenlauf beizuwohnen, mit und ohne Stürze. Dann wieder tanzen die Fingerkuppen über die gespannten Saiten, dämpfen diese im nächsten Moment. Oder ist da ein Metallstab mit im Spiel, der über die Saiten streicht? Schlägt da nicht eine Faust auf die Wandung des Klaviers? Wird da nicht eine Kette mit Nüssen über die Saiten geschleift? Es scheint so zu sein. Das Spiel wird freier, aus dem Moment heraus entwickelt. Strukturen werden aufgelöst, um dann doch wieder in Strukturen abzutauchen.
Was den Reiz der aktuellen Aufnahme ausmacht, ist der Spagat zwischen Konzertantem und den freien, ungebundenen Sequenzen, zwischen dem klassischen Spiel auf den Tasten und dem Spiel mit verschiedenen Präparationen des Pianos.
Text: © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons.
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