Marie Daniels und Julian Walleck: Ein Gespräch mit "Milestones"

Gibt es einen Grund für die Namenswahl der Band? Ihr bezieht Euch ja auf Miles Davis, warum?

Julian: Ja, unser Liebe zum Old School Jazz. Es ist halt außerdem ein schmissiger Name und man muss auch dazu sagen, dass es eine Band ist, mit der wir viel Mucken machen, also Hintergrundmusik. Wir sind eigentlich ein Trio, aber wir holen uns für Auftritte immer Gäste dazu, so auch Marie. Ich mag den Namen einfach.

Spielt Ihr überhaupt Miles-Titel?

Julian: Hm ja, 'So What' spielen wir immer mal wieder.

Marie: ... aber alte Klassiker, die aus der Zeit stammen …

Könnt Ihr mal ein paar Beispiele für derartige Klassiker nennen?

Marie: Na, zum Beispiel 'Tenderly'

Für Euch ist also The Great American Songbook sehr wichtig, oder?

Julian/Marie: Ja, schon …

Wie kommt das? Ihr seid ja relativ jung. Ihr orientiert Euch an Musik der 40er, 50er und 60er Jahre. Das ist doch nicht naheliegend oder? Sprich Bebop, Hard Bop, Strayhorn, Ellington usf. stehen bei Euch hoch im Kurs?

Julian: Ich höre das halt gerne. Nicht jeden aus jener Zeit. Da gab es eine unheimliche Bandbreite an Künstlern, die es heute nicht mehr so gibt. Ich fühle mich dem sehr verbunden. Das kommt vielleicht auch durch die Schule, an der wir in Enschede studiert haben. In Holland legen sie schon wert auf Tradition. Das hat mich geprägt, auf jeden Fall. Mein Basslehrer hat mir sozusagen eher olle Kamellen zum Spielen gegeben. Es gibt superschöne moderne Sachen, die höre ich auch.

War eher Charlie Mingus als Eberhard Weber angesagt?

Julian: Ja, genau. Das trifft es genau.

Marie, die Frage an dich: Waren die 40er bis 60er Jahre eine Art Blütezeit des Jazzgesangs und rührt daher deine Vorliebe für diese Musik her?

Marie: Ja, ich finde, das gehört schon zur Schulung als Jazzsängerin dazu. Auch Scat-Gesang, die gesamten Phrasierungen, Improvisation. Das lernt man schon von den Großen aus jener Zeit. Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan, Billy Holiday – das habe ich mir jedenfalls gut angeeignet.

Wie nah am Standard bleibt Ihr und wie fern geht Ihr?

Julian: Aber was ist der Standard? Es gibt zig Versionen, und jeder hat eine andere davon im Ohr. Es ist nicht so, dass wir sagen: Habt Ihr Euch die oder die Version angehört. Jeder bringt seine eigenen Ideen ein und bringt seine Farben mit. Es entsteht vor allem etwas aus dem Moment. Wir wollen uns nicht an der einen oder anderen Version entlanghangeln. Wir wollen uns bewusst Freiheiten lassen.

 

Sind die Themen der Standards bei Euch erkennbar oder völlig fragmentiert?

Julian/Marie: Doch schon.

Ihr wundert Euch über die Frage?

Julian: Nein, überhaupt nicht. Ich kenne das Gefühl, wenn man denkt: Hm, wo war denn das Thema. Ein gelerntes Ohr erkennt, ob das Thema gespielt oder versteckt wird. Wenn es überhaupt nicht zu entdecken ist, dann bin ich kein Fan davon.

Marie: Es ist alles erkennbar, aber dennoch machen wir unser eigenes Ding daraus.

Julian: Ich finde, auch wenn man verständlich spielt, es trotzdem immer möglich ist, seine eigene Note einzubringen. Es ist nicht unmöglich, es so zu spielen, dass es jeder versteht, ohne dass es so klingt, als habe es Miles oder jemand anderes so gespielt. Ich spiele es so, wie ich es schön finde.

Wie viel Raum gibt es für Improvisation?

Julian: Sehr viel. Ich mag es halt auch, wenn die Musik Ruhe ausstrahlt, und Marie im Vordergrund steht, das Thema klar und deutlich rüberkommt und in der Impro dann jeder machen kann, was er will. Jeder kennt aber auch seine Aufgabe.

Wie wichtig ist es im Verhältnis zum Publikum, Ohrwürmer wie 'Autumn Leaves' zu spielen?

Marie: Heute haben wir keine dabei. Wir machen aber ja auch Musik für Leute, wie soll man sagen, die gerne die alten Klassiker hören wollen; mal als Hintergrundmusik, mal konzertant – und dann kommen diese Songs mehr ins Spiel. Für uns ist es oftmals auch so, dass wir sagen, die haben wir ja schon tausendmal gehört und das muss jetzt nicht sein, aber 'Autumn Leaves' finde ich noch immer super.

Julian: Ich frage mich aber auch, wie es dazu gekommen ist, das solche Stücke wie 'My Funny Valentine' und 'All the Things you are' die Evergreens geworden sind. Ich war ja nicht dabei, als diese geschrieben und populär wurden. Es gibt aber zig Standards, die eine schönere Melodie haben als 'Fly Me To The Moon'. Das ist halt so ein Titel, den Frankie gesungen hat und dick orchestriert wurde. Dann kannte es jeder.

Ich danke Euch für das Gespräch.

Text & Photos © ferdinand dupuis-panther

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